Toter Jugendlicher im Starnberger See:Viele unangenehme Fragen

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Mit einem Sonarboot - wie diesem hier auf dem Starnberger See - wurde in den vergangenen Tagen auf dem Ammersee nach dem vermissten Tretbootfahrer gesucht. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
  • Nach tagelanger Suche ist klar, dass der am Starnberger See vermisste 13-jährige Ruderer tot ist.
  • Der Fall wirft Fragen auf: Etwa, warum erst spät nach dem Training auffiel, dass der Jugendliche fehlte.
  • Die Polizei prüft, ob wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung ermittelt werden muss.

Von Christian Deussing, Starnberg

Bis zuletzt haben Familie, Freunde und Mitglieder des Münchener Ruder-Clubs von 1880 (MRC) gehofft, doch nun ist es traurige Gewissheit: Der im Starnberger See vermisste 13-jährige Ruderer ist tot. Er wurde am Samstag in etwa 35 Metern Tiefe von einem privaten Tauchdienst aus München entdeckt - 425 Meter vom Steininger Badeplatz entfernt. Mit dem Greifarm eines Polizei-Tauchroboters wurde die Leiche geborgen. Der Tote wurde von Angehörigen als der Ruderer identifiziert, der seit dem Training am Sonntagnachmittag des 19. April vermisst wurde. Die Polizei geht davon aus, dass der Münchner Gymnasiast ertrunken ist, die genaue Todesursache soll jetzt eine Obduktion klären, die die Staatsanwaltschaft München II angeordnet hat. Sie will prüfen, wie es zu diesem Unglück gekommen ist.

Denn der tragische Fall wirft viele unangenehme Fragen auf - beispielsweise, warum offenkundig erst spät bemerkt wurde, dass der 13-Jährige verschwunden war. Die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck wird ermitteln müssen, ob die "Aufsichts- und Fürsorgepflicht" - die nach den Richtlinien des Ruderverbands insbesondere bei Minderjährigen einzuhalten ist - verletzt wurde.

Die Wassertemperatur betrug am Unglückstag nur etwa sieben Grad, mit jugendlichen Anfängern sollte man nach den Vorgaben dann nicht unbedingt rudern. Jedenfalls muss nach bisherigen Erkenntnissen etwas bei dem Training der "Sportarbeitsgemeinschaft im Schülerrudern" schief gelaufen sein, an dem zwei Betreuer beteiligt waren. Die Ermittler versuchen nun auch zu klären, ob sich der 13-jährige Anfänger umbemerkt von seiner Rudergruppe abgesetzt hatte oder ihm erlaubt worden ist, woanders hinzurudern. Die Vernehmungen und der genaue Trainingsablauf dürften aufzeigen, ob wegen "fahrlässiger Tötung" ermittelt werden muss.

"Kleine Hoffnung und Strohhalm der Familie"

Jedes Detail ist wichtig. So gibt es Hinweise, dass der Schüler womöglich noch versucht hat, sich in sein unsinkbares Einerboot zu hieven - und ihn dabei im eiskalten Wasser und unter Schock die Kräfte verließen. Das schmale acht Meter lange Rennboot war vollgelaufen und etwa 200 Meter südlich des Seerestaurants "Undosa" aufrecht und unbeschädigt entdeckt worden. An dem Sonntag herrschte böiger Ostwind, deshalb ging die Polizei davon aus, dass das Boot abgedriftet war.

Ebenso gilt es wegen der Strömungen als sicher, dass die Fundstelle nicht der Ort ist, wo der Jugendliche offenbar über Bord gegangen war. Die Version, dass der Gymnasiast vielleicht irgendwo ans Ufer gegangen sei und von dort aus sein Boot auf den See zurückgestoßen haben könnte, war für die Ermittler eher unwahrscheinlich. Es sei aber eine "kleine Hoffnung und der Strohhalm der Familie gewesen", sagt ein Polizeisprecher.

Nach tagelanger vergeblicher Suche mit bis zu 150 Einsatzkräften hatte die Staatsanwaltschaft eine Münchner Tauch- und Bergungsfirma eingeschaltet, die zunächst das Suchgebiet vor dem Steiniger Grundstück mit Messungen eingrenzen konnte. Dabei wurde auch bei ähnlichen Windverhältnissen simuliert, wie weit das mit Wasser gefüllte Ruderverbot abgetrieben sein könnte. Am Freitag begann die Suche auf dem Starnberger See, der Tauchdienst zog ein Schleppsonar durchs Wasser - bis das Gerät am frühen Samstagabend anschlug und die stundenlange Bergungsaktion beginnen konnte. Eingesetzt wurden zudem Unterwasserkameras.

Große Trauer herrscht beim traditionsreichen Münchener Ruder-Club an der Dampfschiffstraße über den Trainingsunfall. Der Vorstand und die Mitglieder des MRC 1880 hätten die Nachricht vom Tod des 13-jährigen Schülers "mit Bestürzung aufgenommen", heißt es auf der Homepage des Vereins. Die Gedanken und das Mitgefühl gehörten der "Familie und Freunden des jungen Sportlers".

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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