Tödliches Ruderunglück:Angehörige warten seit Jahren auf den Prozess

Suche nach vermißtem Ruderer; Suche nach vermißtem Ruderer

Mit dem Polizeischiff, mehr als zehn Einsatzbooten und zwei Hubschraubern wurde nach dem jungen Ruderer auf dem Starnberger See gesucht.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Vor zwei Jahren wurde Anklage gegen zwei Übungsleiter des Münchener Ruderclubs erhoben, weil ein 13-jähriger im kalten Starnberger See ertrunken war. Doch noch immer steht kein Prozesstermin fest.

Von Christian Deussing, Starnberg/München

Das schreckliche Ruderunglück auf dem Starnberger See vom 19. April 2015, bei dem ein 13-jähriger Schüler während des Trainings beim Münchener Ruder-Club (MRC) ums Leben gekommen war, ist immer noch nicht juristisch aufgearbeitet. Es sei für "ihre Mandanten unglaublich belastend, dass sich das Verfahren so lange hinzieht", empört sich Rechtsanwältin Annette von Stetten, die als Nebenklägerin die Eltern des verunglückten Gymnasiasten vertritt. Der Bub war damals im acht Grad kalten Wasser ertrunken und erst sechs Tage später aus 35 Metern Tiefe aus dem See, 425 Meter vom Starnberger Ufer entfernt, geborgen worden.

Vor zwei Jahren hatte die Staatsanwaltschaft gegen zwei erfahrene Übungsleiter wegen "fahrlässiger Tötung durch Unterlassen" Anklage vor dem Landgericht München II erhoben. Den 51- und 68-jährigen Betreuern aus München wird vorgeworfen, gegen die Aufsichtspflicht und Sicherheitsrichtlinien des Deutschen Ruderverbandes (DRV) verstoßen zu haben. Doch nach wie vor ist unklar, wann es zum Prozess kommt.

Das hänge mit der "großen Auslastung" der 1. Strafkammer zusammen, aber auch mit dem Streit, ob die Verhandlung am Land- oder Amtsgericht stattfinden solle, sagte auf SZ-Anfrage ein Sprecher des Gerichts. Überdies sei noch ein Gutachten über die Regeln, möglichen Gefahren und Vorschriften im Rudersport beantragt und hierzu ein Sachverständiger bestellt worden, teilte der Justizsprecher mit.

Der Staatsanwaltschaft zufolge hatte der Schüler an dem Unglückstag als Anfänger ohne Schwimmweste in einem Einer-Rennboot allein und fernab der Gruppe trainiert. Dabei sei er bei böigem Wind abgetrieben und habe dann wohl versucht, schwimmend das weit entfernte Ufer zu erreichen - in leichter Sportkleidung und ohne Neoprenanzug, wie seinerzeit Ermittlungen der Kriminalpolizei ergaben. Für die Kripo und die Anwältin der betroffenen Eltern wäre das "Unglück verhinderbar gewesen, wenn man sich an die bestehenden Regeln gehalten hätte".

Die Nebenklägerin findet es inzwischen kaum noch zumutbar, dass alles noch in der Schwebe sei und in einer Hauptverhandlung das Ruderunglück nach so langer Zeit bisher nicht aufgeklärt werden konnte. Sie werfe dies aber nicht dem Landgericht München II vor, das "völlig überlastet" sei. Von Stetten betont jedoch, dass dort "dringend eine weitere Strafkammer erforderlich" sei, damit derartige Fälle schneller verhandelt werden könnten.

Als unerträglich bis "befremdlich" empfindet Eler von Bockelmann den ungewissen Prozessbeginn. Er ist Vorsitzender des Münchener Ruder-Clubs und weiß, wie auch die beschuldigten Ausbilder unter der seelischen Belastung leiden. "Wir hängen alle in der Luft", erzählt der Präsident. Auch im Verein werde "immer an das Unglück gedacht", das sich während des Ruder-AG-Trainings mit Schülern des Münchner Wilhelmsgymnasiums ereignet hatte.

Seither sind im Club die Vorschriften - vor allem im Jugendbereich - verschärft worden. "Es wird mehr Wert auf die Sicherheit gelegt", betont von Bockelmann. Das beweist auch der Übungstag, an dem MRC-Mitglieder im vergangenen Sommer Notsituationen gemeinsam mit Rettungsschwimmern und der Starnberger Wasserwacht auf dem See simuliert haben. Der Club bietet nach wie vor das Rudertraining in "Schüler-Sportgemeinschaften" dem Otto-von Taube Gymnasium in Gauting und Gräfelfinger Kurt-Huber-Gymnasium an. Doch die Schule des ertrunkenen Siebtklässlers ist nicht mehr dabei.

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