SZ-Serie Kulturmacher:Zwanzig Jahre Haifischbecken

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Rund 700 Gastspiele mit unterschiedlichsten Künstlern hat "Szenequeen Kulturmoni" - bürgerlich Monika Rother - organisiert. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Tiger Willi und Bonzo Keil brachten Monika Rother auf die Idee, Kulturmanagerin zu werden. Seitdem hat sie für sechs Bühnen Programme zusammengestellt. Ihre Künstlerfreunde haben ihr den Ehrentitel "Szenequeen" verliehen

Von Monika Rother

Der zahlende Besucher, der ins Konzert geht, das Kinofestival besucht oder das Museum, will ein Ergebnis sehen. Zu Recht. Wie viel Arbeit dahintersteckt, bis das Konzept einer Jazz- oder Klassikreihe steht, die Rockband den Auftritt zusagt und das erste Bild einer Ausstellung am Nagel hängt, interessiert ihn in dem Moment nicht. Dabei ist auch das ein Kunststück: Festivals, Musik- und Theaterreihen trotz geringer Zuschüsse über Jahre am Laufen zu halten. In der SZ-Serie "Kulturmacher" schreiben Veranstalter, wie ihnen das gelingt und mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen haben.

Alles ins Rollen brachte der Abend vom 29. Oktober 1995 beim Tiger Willi-Konzert mit Bonzo Keil als Gitarristen: Das war wohl das Skurrilste, was die bayerische Liedermacher-Szene damals hergab! Alltags-Probleme werden zu Balladen sublimiert, geoutet, irgendwie auf mehrere Schultern verteilt - und somit die eigenen unerwünschten Befindlichkeiten relativiert. Das imponierte mir - nein, es hat mich gefesselt und nicht mehr losgelassen!

1996 - genau ein Jahr später - war ich ganz offiziell die Managerin und persönliche Vertraute von Tiger Willi und Bonzo. So rutschte ich hinein in die Welt der Künstler und Veranstalter, auch Haifischbecken genannt, eröffnete meine Künstleragentur, nahm auch noch andere Kabarettisten unter meine Fittiche - und bekam als Kulturmoni den ehrenvollen Titel "Szenequeen".

Am 10. Oktober 1996 - seinem Geburtstag - brachte mich dann Michael Well von der legendären Biermösl Blosn bei Kaffee und Kuchen auf eine ganz neue Idee: "Monika, was du brauchst, ist ein altes Kino, eine Garage oder so, wo du Veranstaltungen machen kannst." Mikes Eingebung ließ mich nicht mehr los. Wenige Tage später sollte mir in Mittelstetten, Landkreis Fürstenfeldbruck, ein Lokal angeboten werden, wo ich bereits am 14. Februar 1997 aus eigener Kraft meine erste Kleinkunstbühne "Kultur in der Post" eröffnete. Am 3. April 1998 konnte ich in Steinebach "Raabes Wirtshausbrettl" etablieren -wie sollte es auch anders sein, Hausherr war ja der Tiger Willi. Als "drittes gutes Ding" eröffnete ich dann zusammen mit Hans Schlegel - dem "Kulturhans" der Musikkneipe "Steinebacher" in Wörthsee, im November 2000 die Musik- und Kabarett-Bühne im Prinzregent-Garten in Pasing. Hier durften wir bis Dezember 2003 unsere Gäste aus Musik und Kabarett begrüßen.

In diesen Jahren ging es rund: Jeden zweiten Dienstag gab's Programm in Pasing, am Donnerstag wurde in Steinebach gespielt, am Freitag oft in Mittelstetten - und am Wochenende war ich mit Tiger Willi zu seinen von mir organisierten Auftritten unterwegs. Das kräftezehrende Leben zwischen der Künstlerszene und dem Familienalltag hat mir wahnsinnigen Spaß gemacht.

Nach Besitzerwechseln in Mittelstetten und Pasing sollte dort nach etwa drei Jahren der letzte Vorhang fallen, Monis Brettl im Raabe in Steinebach gab es über 13 Jahre und exakt 406 Veranstaltungen lang - bis uns das Landratsamt von heute auf morgen mit Strafandrohung und sofortiger Wirkung die weitere Nutzung untersagte, da kein zweiter Fluchtweg vorhanden war.

So mussten wir über Nacht und mit vollem Haus umziehen. Als rettender Engel fungierte Susi Paintmeier samt Söhnen und Papa vom Alten Wirt in Etterschlag, die Monis Brettl mit offenen Armen aufnahm und Himmel und Hölle in Bewegung setzte, dass bereits um 15 Uhr am nächsten Tag eine Bühne und das Personal vorhanden waren. Es wollten doch 120 Leute Nepo Fitz mit seinem Papa Ali Khan samt Entourage sehen und auch gut verpflegt werden!

Verständigt über den Bühnenwechsel habe ich persönlich alle Besucher per Mail, Fax und Telefon. Einen Hinweiszettel an die Tür beim Raabe zu hängen, wäre nicht meine Art gewesen.

Nach anfänglicher Hochstimmung, fast vier Jahren und exakt 158 Veranstaltungen, war es dann aus mit dem Familien-Zusammenhalt der Paintmeiers! So machte dann leider die Wirtin am 31. Januar 2015 das Lokal dicht - als Folge davon musste wieder eine neue Bleibe gesucht werden. Das Nervenaufreibende diesmal: Im Vorfeld wusste niemand, wie lange Monis Brettl noch dort bleiben konnte - nur, dass das Anwesen zum Verkauf steht!

Glücklicherweise eröffnete sich die Möglichkeit, mit der Bühne in den wunderbar renovierten Gilchinger Gasthof Widmann, Oberer Wirt, umzuziehen - und für Monis Brettl gab es Gottlob wieder eine Zukunft innerhalb der Starnberger Landkreisgrenze! So wurde seit 10. März diesen Jahres bereits 25-mal dort gespielt. Sowohl seitens der Familie Jakob Widmann samt Belegschaft als auch von Bürgermeister Manfred Walter wurde das Brettl mit offenen Armen und optimaler Unterstützung aufgenommen. Gleich zwei Brettl-Beiträge bereicherten übrigens die erste Gilchinger Kulturwoche, die jetzt im November stattgefunden hat.

Zwanzig Jahre im Haifischbecken sind es in diesen Tagen geworden! Im Rückblick auf die rund 700 Gastspiele seien - nicht ohne Stolz - vor allem die von Fredl Fesl, Emil Steinberger, Dieter Hildebrandt und Otti Fischer genannt. Letzterer begrüßte mich und gratulierte mir gerne mit den Worten: "Hast Du abgenommen?" Auf mein Erstaunen hin meinte er: "I wollt Dir halt a Freid macha!" Weitermachen möchte ich, solange ich es gesundheitlich noch einigermaßen, aber mit voller Leidenschaft kann. Und so freue ich mich jetzt schon ganz vorsichtig auf den April 2018 - das wären dann "20 Jahre Monis Brettl im Landkreis Starnberg" und schon ein schönes Etappenziel ...

© SZ vom 30.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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