SZ-Adventskalender:Im Rückstand

Ein Bauingenieur kommt durch die Wirtschaftskrise in finanzielle Not.

Blanche Mamer

Dießen - Für Wilhelm T. (Name geändert) war seine jetzige Situation außerhalb jeder Vorstellung. Als selbständiger Bauingenieur für Haustechnik verdiente er gut. Jahrelang plante er Heizungs- und Sanitäranlagen für neue Häuser, arbeitete für Architekten und Privatpersonen. Mit seiner Lebensgefährtin Käthe P. wohnt er seit 25 Jahren am Ammersee, bis Ende 2004 in einem großen Haus . Nie hat er damit gerechnet, dass er einmal seine Miete nicht mehr würde zahlen können und auf finanzielle Unterstützung angewiesen wäre. Der heute 65-Jährige gehörte zum hart arbeitenden, gut situierten Mittelstand. Seine Lebensplanung ging von einen sorgenfreien Lebensabend aus.

Doch dann, mit der Einführung des Euro, stagnierte der Bausektor, und die Aufträge wurden immer weniger. So um 2005 herum musste er auf seine Ersparnisse zurückgreifen. Der Umzug in eine Wohnung war besiegelt. Diese war mit 94 Quadratmetern immer noch recht großzügig. Mit einem finanziellen Crash rechnete das Paar zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht. An eine Wirtschaftskrise, wie sie 2008 kommen sollte, dachte niemand.

2008 wurde jedenfalls auch für den Bauingenieur zum Schicksalsjahr: Denn das Ersparte reichte nur bis etwa Ende des Jahres. Als Selbstständiger hatte Wilhelm T. keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, für die Rente war er noch zu jung. Seine Situation wurde immer prekärer, er kam mit der Miete in Rückstand. Käthe P. , die als Bürokraft gearbeitet hatte, bekam eine kleine Rente. "Ich muss mit 388 Euro auskommen", sagt sie. Klar, dass das nicht reicht. "Unsere Wohnung ist zu groß, seit zwei Jahren suchen wir, doch bisher ohne Erfolg", sagt die Frau und klingt ziemlich verzweifelt. Von 2009 an versuchte Wilhelm T., über das Jobcenter vermittelt zu werden. Mittlerweile war er 62 Jahre alt - eine Anstellung als Ingenieur war aussichtslos. Im August 2011 kam er endlich bei einer Zeitarbeitsfirma unter, die ihn an verschiedene Firmen "auslieh". Hin und wieder übernahm er Gelegenheitsjobs.

"Wie fast immer haben sie viel zu spät Hilfe gesucht", sagt Peter Raithel vom Schondorfer Verein "Gemeinsam", der sich um Hilfsbedürftige in den Gemeinden am südlichen Ammersee kümmert. "Ich war sehr überrascht, als ich von den finanziellen Problemen erfahren habe", sagt er. Die Mietrückstände summierten sich, so dass der Vermieter, der sie seit 25 Jahren kennt, vor Monaten doch Räumungsklage eingereicht hat. "Das Räumungsurteil zum 31. Januar lag ihnen bereits im September vor", sagt Raithel und bestätigt, dass trotz intensiver Bemühungen keine kleinere bezahlbare Wohnung gefunden werden konnte. "Um die Nahversorgung zu erhalten - sie haben kein Auto mehr - suchen sie hauptsächlich in der Region. In Schondorf, Dießen oder Landsberg", erklärt Raithel.

Es gelang ihm, den Vermieter dazu zu bringen, die Frist für die Räumung der Wohnung zum 30. Juni zu verlängern. "Die Mietschulden von 2012 haben wir bezahlt. Es gibt aber noch Rückstände von 2011", sagt Käthe P. und versucht, einen Berechtigungsschein für eine Sozialwohnung zu erhalten. Mit Spenden aus dem SZ-Adventskalender könnte ihr und Wilhelm T. geholfen werden.

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