Stockdorf:Liturgischer Engpass

Evangelische Gläubige in Stockdorf und Planegg teilen sich schon jetzt einen Pfarrer und eine Religionspädagogin - eine Entscheidung, ob die Zusammenarbeit der Kirchengemeinden noch enger wird, soll noch in diesem Jahr fallen

Von Michael Berzl, Stockdorf

In den bisher noch eigenständigen evangelischen Kirchengemeinden in Stockdorf und Planegg fallen heuer wichtige Entscheidungen. Seit drei Jahren gibt es eine lose Kooperation, die sich in vielen Bereichen bewährt hat. Man teilt sich zum Beispiel einen Pfarrer und eine Religionspädagogin und gibt gemeinsam einen Gemeindebrief an die Gläubigen heraus. Diese Zusammenarbeit könnte künftig noch viel enger werden, eine Fusion ist im Gespräch. "Aber das muss man sensibel angehen. Die Stockdorfer sollen schließlich nicht das Gefühl haben, sie würden von dem großen Nachbarn geschluckt", erklärt der Pfarrer in der Planegger Waldkirche, Bernhard Liess, im Gespräch mit der SZ. Bis zum Sommer solle eine Entscheidung fallen.

Die Entwicklung, die sich nun abzeichnet, hat eine lange Vorgeschichte und hat viel mit personellen Engpässen in der Evangelischen Kirche in Bayern zu tun. So hat sich die Kooperation vor drei Jahren eher zwangsläufig ergeben und war eine Folge von "heftigen Stellenkürzungen", wie Liess im Gemeindebrief schreibt. So hat Pfarrer Thomas Krusche nun jeweils eine halbe Stelle in Stockdorf und in Krailling. Die Zeiten der Gottesdienste wurden aufeinander abgestimmt; in der Apostelkirche in Stockdorf beginnt er um neun Uhr, in der Waldkirche in Planegg um 10.10 Uhr. So ist eine gemeinsame Planung möglich und spezielle Angebote für Kinder und Familien konnten beibehalten werden.

Stockdorf: ev. Apostelkirche Pfarrer Thomas Krusche

Der evangelische Pfarrer Thomas Krusche arbeitet eng mit Liess zusammen.

(Foto: Nila Thiel)

"Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir unser Gemeindeleben in seiner Bandbreite erhalten und gestalten können", appellierte Krusche an die Gemeinde, und tatsächlich gab es noch weitere Ideen. Im gemeinsamen Gemeindebrief stehen nun alle Gottesdienste sowie Treffen von Gruppen und Gremien. Um die Zuständigkeiten auf den ersten Blick unterscheiden zu können, signalisieren unterschiedliche Farben, um welchen Ort es geht: Grün markiert sind Kraillinger und Planegger Termine, gelb steht für Stockdorf. Sogar auf den jeweiligen Seiten im Internet findet sich diese Farb-Symbolik.

Ein weiteres gemeinsames Engagement ist der Einsatz einer Religionspädagogin. Die 26-jährige Franziska Kleemann übernimmt seit dem vergangenen September die Aufgabe, die Jugendarbeit zu vernetzen; diesen Posten finanzieren die Kirchengemeinden aus eigenen Mitteln, unter anderem aus Spenden.

So weit, so gut. Aber nun stellt sich für etwa 3700 Gläubige im Würmtal, für zwei Pfarrer und vor allem für die Kirchenvorstände die Frage, wie es weitergehen soll. Eine mögliche Variante ist eine Fusion der beiden Kirchengemeinden. Fragt man Pfarrer Liess, spricht viel für diesen Schritt. So müssten viele Verwaltungsaufgaben nur noch einmal erledigt werden und nicht mehr parallel wie bisher. Es gäbe dann nur noch einen gemeinsamen Etat, ein Pfarramt bei der Waldkirche, die jetzt schon auch für Teile von Gräfelfing zuständig ist. In Stockdorf gäbe es nur noch eine Außenstelle, die von administrativen Aufgaben befreit wäre. Die Gemeinde mit zwei Kirchen hätte "eine für längere Zeit zukunftsfähige Größe", findet Liess.

Planegg: Waldkirche Pfarrer Bernhard Liess

Der evangelische Pfarrer Bernhard Liess denkt über eine Fusion nach.

(Foto: Nila Thiel)

Solche organisatorischen Aspekte können einmal mit ausschlaggebend sein, ob sich künftig jemand findet, der dort arbeiten will. "Bei der rückläufigen Zahl der Pfarrer in der Landeskirche ist es wichtig, dass das eine attraktive Stelle ist", sagt Liess. Es ist gar nicht mehr so weit hin, bis personell die Karten neu verteilt werden. Im Jahr 2020 werde es wieder einen neuen Landesstellenplan geben - mit der Gefahr, dass erneut gekürzt wird. Im Jahr darauf geht Pfarrer Krusche in den Ruhestand.

Das sind die Rahmenbedingungen, die die Kirchenvorstände beachten müssen. Da sie schwierige und weitreichende Entscheidungen treffen müssen, haben sie Dekan Christian Kopp aus Nürnberg als professionellen Berater angeheuert. Bei einer gemeinsamen Klausur noch in diesem Monat sollen die Folgen der verschiedenen Optionen besprochen werden. Auf Gemeindeversammlungen soll dann darüber informiert werden. Im Sommer dieses Jahres werden die beiden Kirchenvorstände ihre Entscheidungen treffen. Sollten sie eine Fusion beschließen, wird bereits im Jahr 2018 ein gemeinsamer Kirchenvorstand gewählt. Theoretisch wäre aber auch möglich, dass die beiden Gemeinden vorerst weiterarbeiten wie bisher.

Wenn es zu einer Fusion kommt, folgen die evangelischen Christen dem Beispiel der Katholiken. Johannes von Bonhorst, der neue Pfarrer in St. Elisabeth in Planegg, hat die Aufgabe, einen Pfarrverband aufzubauen. Er halte den Zusammenschluss für nötig und richtig, auch wenn die Stockdorfer dadurch Eigenständigkeit verlören, sagte er bei einem Seniorennachmittag in Krailling. "Ein Pfarrverband ist eine Weiterentwicklung, die wegen Priestermangels und der abnehmenden Zahl der Gläubigen unvermeidbar ist."

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