Starnberg/München:Yachtbesitzer unter Strom

Starnberg/München: Es sah aus wie ein Inferno: Das Elektroboot brannte 2012 an der Starnberger Nepomukbrücke völlig aus.

Es sah aus wie ein Inferno: Das Elektroboot brannte 2012 an der Starnberger Nepomukbrücke völlig aus.

(Foto: Juergen Roemmler)

Der Prozess um ein ausgebranntes Elektroboot geht in die nächste Instanz. Die Versicherer glauben immer noch an einen Fabrikationsfehler als Ursache, die Schäden häuften sich. Freizeitkapitäne sind verunsichert.

Von Christian Deussing, Starnberg/München

War es ein Fabrikationsfehler - oder Manipulation? Der Prozess um die Elektroyacht, die vor sechs Jahren an der Starnberger Nepomukbrücke ausgebrannt war, geht in die nächste Instanz. Denn die betroffenen Versicherungen gehen nach wie vor davon aus, dass beim Aufladen ein defekter Akkublock die Verpuffungen und den Brand auf dem Boot ausgelöst hat. Damals entstand ein Schaden von 205 000 Euro, den die Versicherer vor dem Münchner Landgericht vom österreichischen Bootshersteller einklagen wollten - und scheiterten. Nun ziehen sie vors Oberlandesgericht, das am 1. August verhandelt.

Yachtbesitzer beobachten das Verfahren sehr genau: In dem Prozess gehe es nicht nur darum, wer den Schaden begleichen müsse, sagt der Hamburger Rechtsanwalt Benjamin Grimme, der die Versicherungen vertritt. Es müsse grundsätzlich geklärt werden, wie sicher überhaupt die Elektrik auf derartigen Booten mit Hochleistungsbatterien sei. Denn die Schadensfälle würden sich häufen, warnt Grimme. Auf dem Starnberger See schippern immer mehr Freizeitkapitäne unter Strom: Mittlerweile sind 1286 Elektroboote zugelassen. Vor sechs Jahren waren auf dem See erst 958 Elektroboote gemeldet gewesen, vor 14 Jahren sogar nur 406.

Die Klage der Versicherer war im vorigen Jahr abgewiesen worden, weil ein Sachverständiger im Zivilprozess angeführt hatte, dass eine unbekannte Person den "Sicherheitsschalter manipuliert, abgeklemmt und deaktiviert" haben müsse. Der Richter konnte daher keine Verantwortung beim beklagten Bootsbauer und dessen Yachthändler und Bootsverkäufer in Berg erkennen.

Dieses Gutachten sei "widersprüchlich und unstimmig", betont dagegen Anwalt Grimme, der gegen das Urteil Berufung eingelegt hat, um einen Fabrikationsfehler nachzuweisen. Selbst bei einer Manipulation hätte die Akkusicherung bei der Überhitzung greifen müssen, zumal es einen zweiten Überspannungsschutz an Land gegeben habe, sagt Grimme. Allerdings habe der vom Gericht bestellte Sachverständige diesen wichtigen Umstand nicht berücksichtigt. Zudem würden dessen Erkenntnisse nicht mit dem Schadensbild übereinstimmen. Außergerichtliche Gutachter der Kläger hatten hingegen auch vermutet, dass ein Kurzschluss mangelhafte Akkus der Lithiumbatterien überhitzt und in Brand gesetzt habe.

Der beklagte Bootshersteller aus Österreich sieht sich zu Unrecht unter Druck. "Die haben alle Mittel in der Hand, uns als kleinen Betrieb kaputt zu machen", befürchtet der Inhaber. Das Batteriesystem eines weiteren Herstellers, das in dem etwa acht Meter langen Elektroboot eingebaut war, sei das "beste auf dem Markt gewesen", versichert er auf Anfrage der SZ. 70 Boote dieses Typs sollen am Starnberger See liegen. Der Inhaber hatte nach eigenen Angaben das Vorführboot 2008 mit der Leistung von 70 Kilowatt für 150 000 Euro an einen Unternehmer aus dem Frankfurter Raum verkauft. Das Schiff sei jedoch mit 192 000 Euro versichert worden, behauptet der Firmenchef.

Er kritisiert zudem, dass das Boot offenkundig nicht regelmäßig gewartet worden sei und in der fünften Saison im Jahr 2012 sicher nur noch einen Wiederverkaufswert von maximal 70 000 Euro gehabt habe. Demnach dürfte sich die kassierte Versicherungssumme gelohnt haben, sagt der Inhaber. Ein Versicherungsbetrug sei für ihn daher nicht ausgeschlossen - vor allem, nachdem der Gerichtsgutachter die Manipulation an der Elektrik festgestellt habe. Für einen solchen Verdacht sieht allerdings der Anwalt der Versicherungen "keine Anhaltspunkte". Das sei im Verfahren auch nie zur Sprache gekommen, betont Grimme.

Sehr aufmerksam verfolgt die ganze Branche den brisanten Fall. Der Batteriebrand auf der Elektroyacht habe die "Branche und viele Kunden beunruhigt", sagte der Eigentümer einer Werft für exklusive Motor- und Elektroschiffe, der nach eigener Auskunft mehr als hundert Elektroboote an den Starnberger See verkauft hat. Dieser Bootsbauer versichert, ein "top zertifiziertes Batteriesystem" eines hiesigen Produzenten zu verwenden, damit die Ladevorgänge zuverlässig und sicher seien. Er rät Eigentümern trotzdem dazu, regelmäßig die Akkus, Ladekabel und Elektronik zu prüfen.

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