Starnberg/Gilching:Widersprüchliche Aussagen

13-Jähriger beschuldigt den Vater eines ehemaligen Mitschülers, ihn geschlagen und auf die Straße gestoßen zu haben

Von Michael Berzl, Starnberg/Gilching

Einer lügt: Entweder ein 13-jähriger Bub aus Gilching, der schwere Vorwürfe gegen den Vater eines ehemaligen Mitschülers erhebt und behauptet, der Mann habe ihn bei einem Wandertag mit einem Stock geschlagen und bei einer weiteren Gelegenheit auf die Straße geschubst. Oder der 59-Jährige, der diese Vorwürfe zurückweist. Das Schöffengericht in Starnberg hat nun die Aufgabe, aus zum Teil widersprüchlichen Aussagen herauszufinden, was wirklich passiert ist. Daher soll nun eine weitere Zeugin befragt werden; der Prozess, der in der vergangenen Woche begonnen hat, wird fortgesetzt.

Was jetzt noch im Raum steht, sind gravierende Anschuldigungen gegen einen 59-jährigen Rentner, der nach mehreren Schlaganfällen nur noch mühsam gehen kann. Der Familienvater hatte im Februar als Aufsicht Fünftklässler bei einem Wandertag im Wald begleitet. Dabei soll es zu den Stockschlägen gekommen sind. Im Juni soll er dann den 13-Jährigen unvermittelt und grundlos geschubst haben, als der Bub auf dem Radweg an der Karolinger Straße an ihm vorbeiradeln wollte. Der Bub kam ins Schlingern, geriet auf die Fahrbahn, konnte sich aber wieder fangen und zurück auf den Radweg fahren.

So jedenfalls schildert der Bub als Zeuge vor Gericht den Vorfall. Demnach war die Situation für ihn richtig gefährlich, denn in dem Moment habe sich auch noch ein Lastwagen genähert, der eine Vollbremsung machen musste und laut gehupt habe.

Stimmt alles nicht, sagt der Rechtsanwalt des Angeklagten. Sein Mandant habe weder geschlagen noch geschubst. Und Amtsrichter Ralf Jehle ist nach den Angaben des 13-jährigen und von zwei Mitschülern noch zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Zu unterschiedlich waren deren Aussagen, die er und zwei Schöffen zu hören bekamen: Mal kam der Lastwagen von vorne, mal von hinten, was ein entscheidender Unterschied ist. Der Wandertag hat nach den Akten der Staatsanwalt im Winter stattgefunden, einer der befragten Schüler sprach jedoch davon, dass es ein warmer Sommertag gewesen sei. Und über den Vorfall mit den Stockschlägen gibt es sogar drei verschiedene Versionen: Die Hiebe trafen mal den Rücken, mal die Brust. Mehrfach hat der Vorsitzende Richter die Kinder im Zeugenstand ermahnt, ihm keine Lügengeschichten aufzutischen. Die Schulrektorin soll nun als weitere Zeugin zur Aufklärung beitragen.

Der große Aufwand bei diesem Verfahren hat seinen Grund. Hier könnte es um mehr als eine Geldstrafe gehen. Weil ein höherer Strafrahmen in Betracht kommt, muss sich ein Schöffengericht mit dem Fall befassen. Es ist berufen, alle Vergehen abzuurteilen, bei denen die Straferwartung bei einer Freiheitsstrafe von zwei bis vier Jahren liegt. Hintergrund scheinen Streitigkeiten unter den Kindern zu sein. Ein Sohn des Angeklagten hatte öfter Auseinandersetzungen mit dem 13-Jährigen. Der soll mittlerweile die Schule verlassen haben, weil er so viele Verweise bekommen habe, hieß es in der Verhandlung.

Ein anderes Verfahren, in dem der 13-Jährige ebenfalls Hauptbelastungszeuge war, ist unterdessen mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Da war die Mutter seines ehemaligen Klassenkameraden angeklagt: Sie soll den Bub angeblich so fest am Oberarm gepackt haben, dass ein blauer Fleck blieb.

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