Starnberg/Gilching:Abkühlung in Sicht

Die Firmen aus der Metall- und Elektrobranche erwarten für die Zukunft eine Eintrübung der Geschäfte, vor allem im Export

Von Otto Fritscher, Starnberg/Gilching

Es ist heiß, sehr heiß. Und dennoch ziehen die Herren die Sakkos nicht aus und schnüren auch die Krawatten nicht auf. Als Unternehmer muss man eben in jeder Situation die Form wahren. Das gelingt auch Dieter Faust und Jürgen Müller perfekt. Die beiden sind als Vertreter der Unternehmerschaft aus dem Landkreis Starnberg zu einer Landpartie nach Weilheim aufgebrochen. Hier, im Gasthof Gögerl, und das ist schon fast Tradition, laden die Regionalvertretungen der Bayerischen Elektro- und Metallarbeitgeber alljährlich im Hochsommer zu einem Pressegespräch ein, um über die Lage und die Erwartungen der beiden wichtigen Wirtschaftsbranchen zu berichten.

Weilheim: Pressegespräch mit Jürgen Müller über die Wirtschaft im Oberland

Jürgen Müller ist Geschäftsführer von Pari in Starnberg.

(Foto: Nila Thiel)

Es ist also heiß - und trotzdem haben sich Erwartungen der Manager aus dem Oberland für die kommenden Monate deutlich abgekühlt. Vor allem im Auslandsgeschäft befürchten die 112 Unternehmer, die sich an der Konjunkturumfrage beteiligt haben, ein deutliches Minus. "Dafür gibt es mehrere Gründe", erklärt Dieter Faust, Regionalchef des Unternehmerverbandes. Denn vor allem die Rezession in Russland, aber auch das zunehmend schwierigere China-Geschäft zeigten Auswirkungen auf die hiesigen Unternehmen. Dennoch sei kein Grund zum Jammern oder gar zum Klagen vorhanden, betont Faust im gleichen Atemzug. Im Hauptberuf ist er Geschäftsführer der Firma AOA Apparatebau Gauting, die vor einem halben Jahr ihren angestammten Sitz an der Ammerseestraße in Gauting verlassen hat und in neue Gebäude beim Oberpfaffenhofener Sonderflughafen umgezogen ist. AOA stellt Komponenten für Wasser- und Abwassersysteme in Flugzeugen her, ist Systemlieferant für Airbus, Boeing und andere Flugzeughersteller. 275 Mitarbeiter sind am neuen Firmensitz tätig, die Produktion sei in den vergangenen Monaten ohne Probleme hochgefahren worden. Die Auftragslage bezeichnet Faust als gut. Da Airbus die Produktion des neuen A 350 im kommenden Jahr verdreifachen wolle, werde auch die Produktion bei der AOA Apparatebau deutlich steigen. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr rund 90 Millionen Euro, für heuer sind 93 Millionen Euro geplant.

Weilheim: Pressegespräch mit Dieter Faust über die Wirtschaft im Oberland

Dieter Faust ist Geschäftsführer der Apparatebau Gauting.

(Foto: Nila Thiel)

Faust als Vorsitzender des Bezirks Oberland obliegt es auch, die Zahlen einer Umfrage zu präsentieren. Immerhin: 66 Prozent der befragten Unternehmen bezeichneten das Inlandsgeschäft im vergangenen Halbjahr als gut, nur sechs Prozent waren damit unzufrieden. Mit dem Exportgeschäft sind indes nur 55 Prozent zufrieden, und diese Zahl dürfte weiter zurückgehen. Ein Viertel der Betrieb erwartet nämlich einen Rückgang der Produktion; 15 Prozent wollen weniger investieren, zehn Prozent gar Personal abbauen. Jürgen Müller, Geschäftsführer des Starnberger Inhalationsspezialisten Pari, indes bleibt cool. Der Umsatz betrug im vergangenen Geschäftsjahr 100 Millionen Euro, für das laufende ist eine fünfprozentige Steigerung geplant.

Zurück zur Hitze. Nein, eine Ladung Eis haben die Chefs ihren Belegschaften offenbar noch nicht spendiert. "Unsere Mitarbeiter helfen sich selbst", sagt Faust. Auf die Frage, was er am alten Standort Gauting schon jetzt vermisse, antwortet er spontan: "Nichts." Um nach kurzem Überlegen hinzuzufügen: "Die Eisdiele in der Bahnhofstraße." Und dann, zur Brotzeit draußen im Biergarten, legen die Herren Geschäftsführer die Sakkos dann doch noch ab.

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