Starnberg/Gauting:Teurer Baustopp

Flüchtlingsunterkunft wird abgebaut; Vor dem Aufbau kommt der Abbau

Wieder alles zurück: Die zur Unterbringung von Flüchtlingen an der Leutstettener Straße in Gauting vorgesehene Halle wird wieder abgebaut.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Leichtbauhalle für Flüchtlinge, deren Errichtung eingestellt wurde, kostet den Landkreis viel Geld. Er muss eine Million Euro zahlen. Der Freistaat lehnt es ab, für die Summe aufzukommen

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Der gestoppte Bau der Leichtbauhalle für Flüchtlinge in Gauting im vergangenen Jahr kommt dem Landkreis teuer zu stehen. Wie Landrat Karl Roth (CSU) in der Sitzung des Kreistags am Montag berichtete, summiert sich der Betrag auf eine Million Euro. Allein für die Abstandszahlung an die damals beauftragte Firma kommt auf 675 000 Euro. Für die Erschließung und Wiederherstellung des Grundstücks sind noch einmal 200 000 Euro fällig. Dazu addieren sich noch 65 000 Euro für die Aufhebung des Vertrags. Die Leichtbauhalle, die kein Dach hat, ist laut Roth nun in einer Gewerbehalle in Kaufbeuren eingelagert. Die monatliche Miete beträgt knappe 2400 Euro. Eigentlich wollte Roth das Thema lieber in der nicht öffentlichen Sitzung behandeln. Das verhinderten FDP, Freie Wähler und Kreisrat Peter Unger (Grüne) in "seltener Einigkeit" (Unger).

In der Diskussion hielten sich die Kreisräte mit Kritik am Landrat zurück. Stefan Derpa, Leiter des Amts für Sicherheit und Ordnung im Landratsamt, schilderte noch einmal die Situation, in der der Landkreis im vergangenen Jahr gesteckt hatte, als pro Woche 53 Asylbewerber unterzubringen waren. "Wir brauchten Plätze und wollten keine Turnhallen mehr belegen." Zudem hätte man ein halbes Jahr warten müssen, bis das Ministerium die Halle genehmigt hätte. "Wir mussten handeln", so Derpa. Deshalb kaufte der Landkreis die Halle. Als dann die Regierung von Oberbayern wegen der geschlossenen Balkan-Route einen Einkaufstopp verfügte, war es schon zu spät. In Gauting begannen gerade die Arbeiten, für die Errichtung der Leichtbauhalle. "Unser Vorgehen hatte schon seine Berechtigung" fasste Landrat Roth zusammen.

Nun hofft er, dass der Freistaat das Gebäude dem Landkreis abkauft. Man sei in Verhandlungen, eine Entscheidung gebe es noch keine. Sollte sich der Freistaat zurückhalten, werde man sich eine andere Lösung überlegen müssen. "Es ist ja nicht so, dass keine Flüchtlinge mehr kommen", meinte Roth in der Sitzung. Was heißen soll: Eine Notunterkunft dieser Größe von 50 mal 20 Metern werde immer noch gebraucht. Allerdings nicht mehr im Landkreis. Dieser habe die Aufnahmequote von Flüchtlingen zu 124 Prozent schon erfüllt.

Anders schaut es bei den Zeltanlagen in Tutzing, Pöcking und Berg aus. Für die Kosten kommt die Regierung von Oberbayern auf, die die Zelte übernommen hat. Schwierig war es nur, entsprechende Abnehmer zu finden. "Das Interesse war groß bei den Hilfsorganisationen, aber weder Malteser noch Bayerisches Rotes Kreuz wollte sie schließlich haben", berichtete Derpa und Roth. "Wir haben in Südtirol, Österreich und Dänemark angefragt", so Roth. Alle hätten gesagt, tolle Zelte, aber zu aufwendig in der Unterbringung. Nun habe sich der Landkreis Dachau bereit erklärt, für den Katastrophenschutz die Anlagen von Tutzing und Pöcking zu übernehmen. Die Berger Zelte übernimmt zum Teil das Rote Kreuz in Niederbayern und die Feuerwehr Berg. Die Standorte in den Gemeinden sollen zurückgebaut werden beziehungsweise solche Kanalanschlüsse oder Leitungen erhalten bleiben, die die Infrastruktur verbessern.

In der Diskussion gab es heftige Kritik am Gebaren der Regierung von Oberbayern und am Freistaat. Vor allem die eine Million Euro, auf die der Landkreis bei der Halle sitzen bleibt, stand im Fokus. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die frühere Bundesjustizministerin, fand deutliche Worte: "Die Regierung forderte von den Kommunen und Landkreisen Engagement ein, und jetzt bleibt eine Million Euro bei uns." Da fühle man sich schon allein gelassen. Tim Weidner (SPD) verlangte vom Freistaat, "fair mit den Landkreisen umzugehen". Er stellte auch den Zuteilungsschlüssel in Frage: "Wir mühen uns hier ab, Plätze für Flüchtlinge zu finden, während in anderen Teilen von Bayern Häuser leer stehen." Matthias Vilsmayer (Freie Wähler) wollte die Regierung zur Kostenübernahme auffordern. Roth wies darauf hin, dass man in Verhandlung stehe, daher keinen Streit vom Zaun brechen wolle.

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