Starnberger Startup:Das Autohaus ohne Autos

Firma Recar in Starnberg
Tobias Möllers und Philipp Schlocker (re.)

Firma Recar in Starnberg Tobias Möllers und Philipp Schlocker (re.) Firma Recar in Starnberg Tobias Möllers und Philipp Schlocker (re.)

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Philipp Schlocker führt das Starnberger Startup-Unternehmen Recar24, eine "innovative" Gebrauchtwagenvermittlung. Deren Kunden benutzen ihre Fahrzeuge solange weiter, bis sie verkauft sind. Erst dann ist auch eine Provision fällig.

Von Otto Fritscher, Starnberg

Irgendwie war der Berufsweg von Philipp Schlocker vorgezeichnet, so scheint es zumindest. Zunächst hat er Betriebswirtschaft studiert in Bayreuth, und danach ganz standesgemäß bei einer Unternehmensberatung gearbeitet. Aber seine Leidenschaft, das waren und das sind nicht die nüchternen Bilanzen und Zahlen, seine Passion gilt vielmehr Blech, Chrom und Motoren - also Autos. Und inzwischen ist Schlocker einer derjenigen Glücklichen, die es geschafft haben, ihre Interessen mit dem Beruf zu verbinden: Der 30-Jährige hat in Starnberg die Firma Recar24 gegründet, eine Gebrauchtwagenvermittlung der etwas anderen Art.

Eigentlich ein klarer Weg. "Ich habe schon als junger Mann immer sehr viele verschiedene Autos besessen. Die meisten habe ich gut gekauft und noch besser verkauft", erzählt Schlocker mit einem Lächeln auf den Lippen. "Manche Autos konnte ich mir eigentlich gar nicht leisten, aber über den Handel bin ich fast umsonst gefahren." Sein schönstes Auto bislang? Die Antwort kommt spontan: "Ein BMW M3." Dieses Verkaufstalent blieb auch Schlockers Freunden und Bekannten nicht verborgen. Sie kamen auf ihn zu, mit immer der gleichen Frage: "Kannst du mir nicht helfen beim Autoverkauf?"

Aus einem Freundschaftsdienst reifte nach und nach eine Geschäftsidee. Sein Verkaufstalent lässt Schlocker nun in die Firma Recar24 einfließen. Deren Gründung hat er zwei Jahre lang gründlich vorbereitet, so wie man dies von einem Unternehmensberater erwarten darf. Die Geschäftsidee: den Autoverkäufern einen kompletten Service zu bieten wie bei einem Händler. Der Verkäufer muss sich also um nichts kümmern, wenn der Händler das Fahrzeug in Zahlung nimmt. Doch der Verkäufer verzichtet dabei auf die Vorteile des Verkaufs via Internet: ein viel größeres Käuferpotenzial mit der Aussicht, einen höheren Preis zu erzielen.

"Wir kombinieren diese beiden Welten, den stationären Autohandel und die Verkaufsmöglichkeiten im Internet", erklärt Schlocker. Aus seiner Sicht der entscheidende Unterschied zu normalen Gebrauchtwagenhändlern: Das Fahrzeug bleibt beim Kunden, es steht sich nicht auf dem Parkplatz eines Händlers die Reifen platt. "Wir haben keinen Parkplatz, wir haben keine Autos angekauft, wir haben also keine Kapitalbindung, sondern sehr schlanke Strukturen", erklärt der Firmengründer, wieder ganz Betriebswirt.

Auf der Homepage von Recar24.de sind die angebotenen Fahrzeuge zwar nach Hersteller und Modell sortiert. Doch es handelt sich um keine eigene digitale Börse, in der die Autos angeboten werden "Wir nutzen die offenen Portale wie autoscout24.de oder mobile.de und stellen die Autos dort ein. An diesen Plattformen führt kein Weg vorbei, die Marktmacht dieser Börsen ist enorm", sagt Schlocker. "Die ganzen Händler inserieren dort - also gehen auch wir diesen Vertriebsweg." Vorher werden die Kunden gefragt, ob sie ihr Auto möglichst schnell oder zu einem möglichst guten Preis verkaufen wollen, die Autos fotografiert, die Ausstattung detailliert aufgelistet. Wenn gewünscht, wird im Auftrag des Verkäufers auch ein Gutachten von Sachverständigen erstellt.

"Natürlich müssen wir auch Geld verdienen", sagt Schlocker. Die Provision beträgt bei einem Auto, das 10 000 Euro kostet, 550 Euro, bei einem Verkaufspreis von 20 000 verdient Recar 750 Euro. "Das klingt erst einmal viel", sagt Tobias Möllers, auf dessen Visitenkarte "Leiter Marketing und Vertrieb" steht. "Aber man muss bedenken, dass ein Autohändler in dieser Preisklasse mit einer Marge von 2000 bis 3000 Euro, vielleicht sogar mehr kalkuliert." Und: Die Provision ist nur im Falles eines Verkaufs fällig, also erfolgsabhängig.

Und das scheint zu funktionieren. "Das Unternehmen wächst, wir haben fünf Mitarbeiter und wir können von dem Umsatz leben", erklärt Start-up-Unternehmer Schlocker.

Die Geschäftsräume sind vom Wohnzimmer in Pöcking in angemietete Gewerberäume an der Münchner Straße in Starnberg umgezogen. Nichts erinnert hier an ein Autohaus, in den langen Gängen haben sich viele Existenzgründer niedergelassen. Es gibt eine gemeinsame Teeküche, man kennt sich. Gründer-Atmosphäre. In den Recar24-Räumen wird fleißig telefoniert, aber statt mit Anzug und Krawatte wie bei Autoverkäufern üblich kommen die Mitarbeiter in Sweatshirt und Jeans. Vertriebsleiter Möllers trägt schon mal den ganzen Tag seine geliebte Baseball-Cap. "Sieht ja niemand", sagt er, und lacht. Was Schlocker, der in Bayreuth studiert hat, an den Starnberger See gebracht? "Meine Freundin hat einen Job in Berg bekommen, und bin ich halt mitgekommen", sagt er. Zudem sei die Region München sei nicht nur schön, sondern auch von guter Wirtschaftskraft.

In den Anfangszeiten, also vor etwa eineinhalb Jahren, hatte Recar24 etwa 20 Fahrzeuge gleichzeitig im Angebot, mittlerweile sind es bis zu 200. "Wir hatten auch schon Ferraris, aber so ein Auto verkauft sich natürlich nicht jeden Tag dreimal, wenn man einen guten Preis erzielen will", sagt der Geschäftsführer. Und Schlocker erzählt weiter: "Einer der ersten Kunden hatte ein schönes Mercedes Cabrio, einen SL 55 AMG, der Händler hat ihm 22 000 Euro geboten, ich habe es für 32 000 Euro verkauft." Das Cabrio sei ein Liebhaber-Fahrzeug gewesen, also haben man einen Käufer gesucht, der das zu schätzen wusste. "Zurzeit haben wir wieder einen Ferrari im Angebot, der ist mit 450 000 Euro das teuerste Auto", sagt Möllers. Letztes Jahr wurden über Recar24.de sogar zwei Rolls-Royce verkauft. Viele Käufer kommen aus dem Ausland, die Verkäufer dagegen fast ausschließlich aus Deutschland. "Wir haben aber vor allem ganz normale Autos im Angebot", sagt Möllers. Das Recar-Geschäftsmodell mache ab einem Fahrzeugwert von zirka 5000 Euro Sinn, meint er.

Wie gehen Schlocker und Möllers aber mit dem schlechten Image um, das Autoverkäufern häufig anhaftet? "Jeder, der ein Auto kaufen will, hat doch schon mal gedacht, dass ihn der Autoverkäufer über den Tisch ziehen will", gibt Tobias Möllers ui. "Ja, es gibt schwarze Schafe, die tricksen und täuschen, etwa mit dem Kilometerstand", sagt Philipp Schlocker. Und er fügt hinzu: "Dagegen hilft nur eines: Transparenz und Offenheit. Wir schauen so gut wie möglich, ob alles stimmt, was der Autoverkäufer behauptet - und wir lehnen auch regelmäßig Aufträge ab." Zum Beispiel, wenn über eine Unfallreparatur keine Rechnung einer Fachwerkstatt vorliegt. Dabei helfe ihnen die große Erfahrung - und ein Mitarbeiter ist Automechatroniker.

Und was ist nun, nur so als Tipp für einen privaten Autoverkäufer, der beste Trick, um sein Auto zu verkaufen? Die Antwort überrascht nicht: "Transparenz und Ehrlichkeit. Alles andere gibt nur böses Blut und Ärger", sagt Philipp Schlocker.

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