Starnberger See:Anwohner fordern mehr Hochwasserschutz

Der Pegel des Starnberger Sees ist zu hoch, besonders die Bewohner der Starnberger Wassersportsiedlung sind betroffen - und sauer: Es gebe kein Konzept zum Hochwasserschutz.

Peter Haacke

Ein übergreifendes Hochwasserschutzkonzept für Starnberger See und Würmtalgemeinden fordern betroffene Anwohner von der bayerischen Staatsregierung. Anton Dreher, Chef der traditionsreichen Rambeck-Werft in Percha und Hochwasserexperte, hofft in den nächsten Wochen auf ein Gespräch mit den Verantwortlichen.

Starnberg Wassersportsiedlung Hochwasser

Neues Revier für Modellbootfreunde: In der überfluteten Wassersportsiedlung in Starnberg hat ein Spaßvogel sein kleines Löschboot Düsseldorf zu Wasser gelassen.

(Foto: Georgine Treybal)

Der Starnberger See hat seinen Normalpegel seit Anfang August weit überschritten, die Ränder am Nordufer sind aufgeweicht. Das Wasser steht seitdem, und noch immer ist die Überschwemmungsgefahr insbesondere für die Bewohner der Starnberger Wassersportsiedlung nicht gebannt. Denn der Abfluss an Bayerns zweitgrößtem und wasserreichstem Gewässer über die Würm ist schlicht zu gering. Mindestens vier bis sechs Wochen wird dieser Zustand voraussichtlich anhalten, selbst unter günstigen Umständen sinkt der Pegel des Starnberger Sees täglich bestenfalls um einen Zentimeter.

Laut Einschätzung des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim ist aber auch für kommende Jahre keine Besserung der allgemeinen Situation in Sicht. "Langfristig wird sich nichts ändern, wir müssen mit der Hochwassersituation leben", sagte Johannes Riedl, stellvertretender Amtsleiter des Behörde in Weilheim. Er befasst sich derzeit mit der Antwort auf einen Brief von Bewohnern der Starnberger Wassersportsiedlung, die sich in der Vorwoche an Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer gewandt hatten. Ihr Vorschlag: Man solle die Wehre an der Würm zur Vermeidung von Wasserhochständen rechtzeitig weiter öffnen.

Doch Riedl winkt ab: Das Wehr im Mühltal habe keinerlei Einfluss auf den See-Pegelstand. Zudem sei eine Vergrößerung der Gewässerquerschnitts im Anfangsbereich der Würm durch Verbreiterung oder Vertiefung aus naturschutzrechtlichen Gründen im sensiblen Ökosystem des Leutstettener Mooses nicht möglich und hätte "verheerende Auswirkungen" von Leutstetten bis Pasing.

"Wie ein Flaschenhals"

Für die Wassersportsiedler keine befriedigende Antwort: Ihre Häuser liegen in einem als Hochwassergebiet ausgewiesenem Gebiet am Rande der Würm, die meisten versuchen selbst, ihre Anwesen mit Pumpen und Sandsäcken über Wasser zu halten. Die 1934 bis 1936 auf Betreiben der Nazis ursprünglich als Sport- und Feriensiedlung konzipierten Häuser am Starnberger Ortseingang trifft das Hochwasser regelmäßig am schlimmsten.

Zwar zeigten viele Starnberger ein gewisses Verständnis für die Lage der rund 30 Hausbesitzer in der Siedlung, ansonsten aber hält sich das Mitleid offenkundig in Grenzen. Denn die dauerhafte Bewohnung der teilweise zu schmucken Häuschen ausgebauten einstigen Hütten ist nicht erlaubt - woran sich einige Bewohner freilich nicht halten. Dementsprechend sind die Reaktionen: "Erst ins Hochwassergebiet bauen, und dann um Hilfe schreien", lautet der vielstimmige Tenor zum Hochwasserproblem.

Anton Dreher, Chef der Rambeck-Werft, vermutet eine "Neiddebatte" im Hinblick auf die attraktiven Quartiere, und relativiert: "Die Wassersportsiedlung ist nicht das Problem." Vielmehr seien überholte Bauvorschriften zur Sockelhöhe der Häuser zu rigide gewesen. "Der Übergang vom See zur Würm ist wie ein Flaschenhals", sagt er, "und das Wasser kann man nicht aufhalten".

Gleichwohl fordert er ein umfassendes Konzept für See und Fluss. Als Sofortmaßnahme empfiehlt er ein Freischneiden des Würm-Uferbereichs, ein verbessertes Management der Wehre im Bachverlauf und ein besonderes Augenmerk auf die Autobahnbrücke über die Würm, die sich seit Mitte der sechziger Jahre um rund 80 Zentimeter abgesenkt haben soll. Zudem solle man den Wassersportsiedlern die dauerhafte Wohnmöglichkeit und dem Hochwasser angemessenere Bebauungsvorgaben einräumen.

Möglicherweise ist nun auch die Kreisstadt, die Schadenersatzforderungen fürchtet, in städtebaulicher Hinsicht gefordert. Jahrzehntelang hatten die Stadtväter das Problem auch im Hinblick auf Um- und Anbauten ignoriert, erst 2002 wurde ein Bebauungsplan verabschiedet. Starnbergs Zweiter Bürgermeister Ludwig Jägerhuber (CSU) sagte, dass man den Wassersportsiedlungs-Bewohnern angesichts des Hochwassers selbstverständlich weiterhin helfend zur Seite stehen werde. Darüber hinaus aber "muss die Stadt jetzt reagieren."

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