Früher war Diabetes eine Erkrankung der Reichen, heute gilt sie in Deutschland als Risiko für sozial Schwache. Es gibt mehr Zuckerkranke als gedacht, vor allem im Osten der Republik. In einer aktuellen Analyse für den Versorgungsatlas, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, findet sich eine weitere Bestätigung für den Zusammenhang von Einkommen und Gesundheitszustand: Im Landkreis Starnberg, einer der wohlhabendsten Gegenden der Republik, gibt es die wenigsten Diabetiker (6,5 Prozent).
In Deutschland leben mehr Menschen mit Diabetes als bisher geschätzt: Inzwischen leidet etwa jeder zehnte Bundesbürger mit gesetzlicher Krankenversicherung an der chronischen Stoffwechselerkrankung. Demnach ist der Anteil der Diabetiker nach Angaben der Studienautoren zwischen 2009 und 2015 von 8,9 auf 9,8 Prozent gestiegen. In die Analyse flossen anonymisierte Daten von knapp 70 Millionen Kassenpatienten ein - mehr geht kaum.
"Neben einem altersbedingten Effekt geht der Zuwachs wahrscheinlich auch auf die Lebensweise zurück", sagte Studienautor Benjamin Goffrier. Viele Menschen ernährten sich zu zucker- und fettreich, zudem fehle es an Bewegung. Bei Diabetes spielen neben Übergewicht aber auch erbliche Anlagen eine Rolle. Auffallend in der Studie ist, dass in Ostdeutschland deutlich mehr Menschen (11,8 Prozent) an Diabetes erkranken als im Westen (9,2 Prozent). Eine mögliche Erklärung dafür sei, dass im Osten die Einkommen im Mittel niedriger und die Arbeitslosigkeit höher seien, sagte Goffrier. Bei einem schlechteren sozialen Status sei oft auch die Gesundheitsbildung nicht so hoch.
Bereits 2012 hatte das Magazin "Stern" festgestellt, dass in Starnberg "die gesündesten Deutschen" leben. Manko der aktuellen Diabetes-Studie ist der Umstand, dass sie nur gesetzlich versicherte Personen berücksichtigt: Die meisten Patienten mit höheren Einkommen dürften bei einer privaten Kasse versichert sein.