Starnberg:Zu wertvoll für den Müll

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Unterstützen die Kampagne (von links): Mitarbeiter der Starnberger Tafel, von "Unser Land" sowie Josefina Anderer-Hirt und Claudia Ruthner. (Foto: Georgine Treybal)

Eine Ausstellung über Verschwendung von Lebensmitteln ist im Landratsamt zu sehen

Von Astrid Becker, Starnberg

Wenn Josefine Anderer-Hirt auf das Thema Lebensmittelmüll zu sprechen kommt, ist ihr anzumerken, wie sehr es sie aufregt: "82 Kilogramm Essen landen pro Kopf und Jahr in Deutschland im Abfall; zwei Drittel davon wären vermeidbar", sagt die Agraringenieurin, die viele Jahre in der Entwicklungshilfe gearbeitet hat. Seit mehr als drei Jahren ist sie Klimaschutzmanagerin im Landratsamt und hat nun die Ausstellung "Zu gut für die Tonne" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft nach Starnberg geholt. Am Freitag wurde sie von Landrat Karl Roth eröffnet.

Grundsätzlich landeten noch immer zu viele verwertbare organische Wertstoffe in der Tonne, sagt sie, aber im Kreis sind es mit 39 Kilogramm pro Einwohner besonders viel. Mit Wohlstand habe die hohe Zahl sicher auch zu tun, meint sie, aber vor allem beruhe sie wohl auf Unkenntnis und Unsicherheit im Umgang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum. Auch die oft viel zu großen Packungsgrößen bei Obst und Gemüse tragen Anderer-Hirt zufolge zur Lebensmittelverschwendung bei. "Viele wissen einfach gar nicht, wie sie die Reste verarbeiten können", sagt sie.

Die Ausstellung, die im Foyer des Landratsamts bis zum 27. November zu sehen ist, soll Verbrauchern Ideen dafür liefern, sie aber auch anregen, ihre eigenen Kreationen aus der Resteküche an einer Pinnwand preiszugeben. Einige Rezepte hängen bereits, die Resterl-Quiche von Alfons Schuhbeck, die Kartoffeln à la Anita von Kreisbäuerin Anita Painhofer und sogar ein Suppengericht aus Brezen vom Vortag von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner. Aber auch sonst können Verbraucher dort Wissenswertes erfahren, zum Beispiel, wie sich der Lebensmittelmüll zusammensetzt, dass durchschnittlich Essbares im Wert von 235 Euro in der Tonne landet, aber auch, wie schlimm die Folgen für die Umwelt und für Menschen in den Entwicklungsländern sind, die sich Nahrungsmittel kaum mehr leisten können. Der wichtigste Punkt jedoch dürften die Informationen sein, wie Verschwendung zu vermeiden ist, wie durch die richtige Lagerung von Lebensmitteln und deren regelmäßige Kontrolle.

Dass es nicht leicht sein wird, all diese Themen zu vermitteln, ist Anderer-Hirt klar. Einige Schulen hat sie beispielsweise schon angeschrieben, um sie zu einem Sinnesparcours oder auch zu praktischen Übungen für Schüler zu bewegen; viele Reaktionen hat sie aber nicht bekommen. Aber das könnte sich nun ändern. Denn "Aufwind", so sagt sie, gibt ihr die Online-Petition "Stoppt Lebensmittelverschwendung" der Tutzingerin Claudia Ruthner, die europaweit Aufsehen erregt, und Landrat Roth, der die Ausstellung wohl ebenfalls als Start einer landkreisweiten Kampagne versteht. In seinem Grußwort appellierte er an die Bürgermeister, die Ausstellung in Miniaturform in ihre Gemeinden zu holen. Das Material dafür stehe jedenfalls zur Verfügung. Und auch seine Ansage an die Landkreisbewohner ist deutlich: "Werden Sie zum Botschafter gegen Lebensmittelverschwendung."

Doch auch sonst gibt es noch viele Ideen, wie das Thema weiter bearbeitet werden könnte. So sollen auch Gastronomie und Handel in der Region, etwa in einem "Werkstattgespräch", eingebunden werden. Mit der öffentlichen Vorführung des Dokumentarfilms "10 Milliarden - wie werden wir alle satt" am Dienstag, 3. November, 19 Uhr, im Breitwand-Kino Starnberg und einem Klima-Kochkurs für Kinder mit der Ernährungswissenschaftlerin Veronika Ostermeier am 5. November, 10 Uhr, in der Gesundheitsakademie Starnberg ist schon einmal ein Anfang gemacht.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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