Starnberg:Zähltag in Starnberg

Wahlhelfer müssen die Stimmzettel der Stadtratswahl noch einmal in die Hand nehmen. Die Kommunalaufsicht ordnet die Überprüfung von vier Bezirken an. Auch das Wahlergebnis für die Bürgerliste wird kontrolliert.

Von Sabine Bader

Stadtratswahl und kein Ende. In der Kreisstadt muss erneut nachgezählt werden - zwar nicht alles, wie von einigen Gruppierungen gefordert, aber immerhin zwei Wahllokale, zwei Briefwahlbezirke und die Stimmen der Bürgerliste (BLS). Zu diesem Ergebnis kam die Kommunalaufsicht im Landratsamt am Donnerstag nach eingehender Prüfung der städtischen Wahlunterlagen.

Bekanntlich sind bereits fünf Stimmbezirke nachgezählt worden, nachdem in der Wahlnacht mehr als 5000 Einzelstimmen verloren gegangen waren. Diese fanden sich beim Nachzählen erwartungsgemäß wieder: Ursache war ein wiederkehrender Zählfehler in einem Wahllokal gewesen. An der Sitzverteilung im Stadtrat änderte das nichts, da die Wähler besagte Stimmen erwartungsgemäß quer durch alle Fraktionen vergeben hatten. Probleme hatte es in der Wahlnacht auch bei den Stimmen für die Bürgerliste (BLS) gegeben. Die Gruppierung hatte im Gegensatz zu allen anderen Parteien auf ihrer Stadtratsliste nur zehn statt 30 Kandidaten angegeben. Jeder Bewerber war dafür dreimal genannt. Hat ein Wähler nun ein Listenkreuz bei der Bürgerliste gemacht und damit jedem der Kandidaten eine Stimme - in diesem speziellen Fall drei Stimmen je Bewerber gegeben - wurden der BLS aufgrund eines Fehlers beim Überspielen der Software nur zehn statt dreißig Stimmen gutgeschrieben. Mittels eines dafür eigens vom Hersteller geschriebenen Tools hat man alle Stimmzettel mit Listenkreuzen für die BLS nachträglich noch einmal hochgerechnet und der Gruppierung insgesamt 3384 Stimmen gutgeschrieben. Einen zweiten Sitz bekam die BLS trotzdem nicht - bisher zumindest.

Jetzt müssen die gesamten BLS-Stimmen komplett per Hand nachgezählt werden - abzüglich der Stimmbezirke, die bereits überprüft sind. Damit hat das Bündnis aus Tunnelgegnern zumindest einen Teil ihrer Forderung durchgesetzt. Eigentlich wollten die vereinigten Tunnelgegner aus "Wählergemeinschaft pro Starnberg" (WPS), Bürgerliste (BLS), "Bündnis Mitte Starnberg" (BMS) und FDP die komplette Neuauszählung der Starnberger Stadtratswahl erreichen. Dem war das Landratsamt aber nicht gefolgt. Die Behörde monierte in ihrer Stellungnahme an die Stadt zwar die Niederschriften aus vier der 31 Stimmbezirke, eine komplette Neuzählung hält sie indes für "nicht gerechtfertigt". Ein Hintertürchen lässt sich das Landratsamt dennoch offen: Denn sollten beim Nachzählen "weitere Unstimmigkeiten zu Tage treten, behalten wir uns die Anordnung einer kompletten Neuauszählung" vor, heißt es im Schreiben der Kommunalaufsicht.

Aufwendig wird die Aktion am kommenden Montag, 28. April, dennoch. Zum Nachzählen hat die Stadt eigens die Franz-Dietrich-Halle in Söcking angemietet. Der scheidende Rathauschef Ferdinand Pfaffinger schätzt, dass die Aktion, an der etwa 85 Wahlhelfer beteiligt sind, die meisten davon aus dem Rathaus, einen Großteil des Tages in Anspruch nehmen wird. Das Rathaus bleibt darum an diesem Tag geschlossen. "Schließlich muss schon wegen der BLS-Stimmen jeder Wahlzettel in die Hand genommen werden." Der Aufwand ist aber "bewältigbar", findet er. Dass sich am Ergebnis, sprich an der Sitzverteilung, noch etwas ändern wird, glaubt Pfaffinger nicht. Sollte sich dennoch ein Sitz zugunsten der Bürgerliste verschieben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die CSU ihren siebten Sitz abgeben muss. Aber das ist zum jetzigen Zeitpunkt eher Kaffeesatzleserei. Pfaffinger hat, wie er sagt, für die Auszählaktion am Montag auch um einen Beobachter der Kommunalaufsicht gebeten. "Damit das Zählpersonal diesmal in Ruhe arbeiten kann" sagt er. Bei der ersten Nachzählung war es bekanntlich zu turbulenten Szenen gekommen. Zuschauer hatten wiederholt in den Zählvorgang eingegriffen, Wahlhelfern Stimmzettel aus der Hand gerissen, Versprecher höhnisch kommentiert und eigene Kontrolllisten angelegt. Rathausmitarbeiter, die als Wahlhelfer fungierten, sprachen von regelrechtem "Psychoterror". Doch damit nicht genug: Stadtrat Günther Picker hatte dem Geschäftsleiter der Stadt, Karl-Heinz Springer, gar unverhohlen mit den Worten gedroht, er könne "sich sowieso bald einen anderen Job suchen". Eine verbale Entgleisung, mit der sich Picker, dem Ambitionen auf das Amt des Vizebürgermeisters nachgesagt werden, nicht unbedingt Freunde gemacht haben dürfte.

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