Starnberg:Wiedersehen im Waschsalon

Vanessa Jung gibt mit "Frieder" ihr Regie-Debüt - der Kurzfilm ist zugleich tragisch und romantisch.

Sylvia Böhm-Haimerl

Starnberg, Kino Breitwand

Die Schauspieler und die Regisseurin des Kurzfilms "Frieder" (von links): Gabriel Raab, Kaya Valentina Kieppe, Shantia Ullmann und Vanessa Jung. Foto: Treybal

(Foto: Georgine Treybal)

Starnberg- Zwei Menschen treffen sich zufällig, und nach einem One-Night-Stand verlieren sie sich wieder aus den Augen: Eine gewöhnliche Romanze, wie sie schon in zahlreichen Liebesromanen und Filmen thematisiert worden ist. Auch der Kurzfilm "Frieder", der am Samstag im Starnberger Kino Breitwand Premiere hatte, bietet von der Handlung her wenig Überraschendes und ist dennoch anders. Da sich Drehbuchautorin Vanessa Jung, die mit "Frieder" gleichzeitig ihr Regie-Debüt gibt, nicht entscheiden konnte, ob der Film tragisch oder romantisch enden soll, setzte sie kurzerhand beide Versionen um.

Su (Shantia Ullmann) und Frieder (Gabriel Raab) begegnen sich in einer Bar und verbringen die Nacht miteinander. Als Su am Morgen danach dem noch schlafenden Frieder einen Zettel mit ihrer Telefonnummer in die Hosentasche schiebt, ist dem Zuschauer sofort klar, dass das Papier zusammen mit der Jeans in der Waschmaschine landen wird. Die Nacht bleibt nicht ohne Folgen - Su wird schwanger. Sie macht sich auf die Suche nach dem Vater ihres Kindes, von dem sie nichts weiß. Natürlich findet sie ihn nicht - auch das ist vorhersehbar. Als Frieder zufällig seiner inzwischen fünfjährigen Tochter in einem Waschsalon begegnet, ohne sie erkennen, macht sich beim Zuschauer so etwas wie Enttäuschung breit. Denn bis dahin hat der Film nichts wirklich Neues zu bieten. Doch überraschenderweise geht die Geschichte weiter. Die Szene wird zurückgespult. Noch einmal ist der Waschsalon zu sehen und dieses Mal ist Su dabei. Die zweite Variante endet mit einem Happy-End.

Für Vanessa Jung, die seit eineinhalb Jahren in Starnberg lebt, ist die Frage wichtig nach dem "was wäre wenn". Was wäre passiert, wenn Frieder Sus Telefonnummer gefunden hätte. Was wäre, wenn die Tochter nicht ihre Puppe im Waschsalon vergessen und sich die Protagonisten folglich nie mehr getroffen hätten. Schon eine Sekunde im Leben kann also das ganze Leben beeinflussen. Es sei doch sehr spannend, dass jeder Augenblick zähle, sagt Vanessa Jung. Weil der Film von privaten Sponsoren finanziert wurde und das Geld für einen Spielfilm fehlte, wurde ein Kurzfilm von 20 Minuten daraus. Sie habe einfach wissen wollen, ob sie überhaupt imstande sei, einen Film zu machen, sagte Jung in ihrer Begrüßungsrede. Das Drehbuch hat die gelernte Schauspielerin, die erst kürzlich in der Sendung "Ein Fall für Zwei" zu sehen war, auf der Terrasse des Bayerischen Yacht Clubs geschrieben. Vom Schreiben des ersten Satzes bis zum fertigen Film vergingen gerade mal drei Wochen. Drehtermin war im Juli. Bei strömenden Regen wurden die Außenaufnahmen vor dem Deutschen Museum in München gemacht. Für die Studioaufnahmen bekam die Crew ein Loft zur Verfügung gestellt, in dem die Bar aufgebaut wurde. Die Schauspieler arbeiteten ohne Gage. Es konnte also nur am Abend gedreht werden, wenn das Team keine anderen beruflichen Verpflichtungen hatte. Die Tochter Ruby wird von Vanessa Jungs Nichte Kaya Valentina Kieppe dargestellt, die die Rolle erfrischend unverbraucht und spontan umsetzt. Die Hauptdarsteller Shantia Ullmann und Gabriel Raab spielen solide.

Vanessa Jung bereitet schon ihren nächsten Film vor. Es wird wieder ein Liebesfilm, dieses Mal in Spielfilmlänge. Die Handlung soll aber nicht mehr so romantisch werden, kündigt sie an.

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