Starnberg:Stadtrat bleibt analog

Der Starnberger Stadtrat lehnt denkbar knapp eine Übertragung von Sitzungen per Live-Stream ins Internet ab. CSU begründet ihren Antrag mit mehr Transparenz und Öffentlichkeit, die WPS fürchtet um den Datenschutz

Von Peter Haacke, Starnberg

Eine virtuelle Teilhabe an der Debattenkultur im Stadtrat bleibt den politisch interessierten Bürgern Starnbergs weiterhin vorenthalten. Nach teils aufgeregt geführter Debatte fiel der Antrag der CSU-Fraktion, die eine öffentliche Übertragung von Stadtrats- und Ausschusssitzungen per Live-Stream ins Internet zum Ziel hatte, am Montagabend mit 15:16 Stimmen durch. Die Entscheidung führte Bürgermeisterin Eva John herbei, die damit ein weiteres Mal gegen den Beschlussvorschlag ihrer Verwaltung votierte. In der üppigen Sitzungsvorlage fand sich der Vorschlag, die Verwaltung mit der Prüfung zur konkreten technischen "Umsetzung des Video-Livestreamings oder des Mitschnitts von Stadtratssitzungen unter Beachtung insbesondere der datenschutzrechtlichen Bestimmungen" zu beauftragen und die dafür erforderlichen Kosten zu ermitteln. Danach hätte die Angelegenheit dem Stadtrat erneut vorgelegt werden sollen. Doch dazu wird es nicht kommen.

Bereits im Februar 2013 hatten die Sozialdemokraten einen ähnlich lautenden Antrag im Stadtrat eingebracht, waren seinerzeit aber mit 12:12-Stimmengleichheit gescheitert. Unter dem Eindruck des sich wandelnden Zeitgeistes hatte die CSU nun bereits im Oktober 2015 den Antrag erneut eingebracht: "Übertragungen in Bild und/oder Ton stellen einen Beitrag zu mehr Transparenz und Öffentlichkeit dar", heißt es im Antrag, "mit zunehmendem technischen Fortschritt sollten öffentliche Stadtratssitzungen auch ohne persönliche Anwesenheit mitverfolgt werden können."

Doch die Idee, die in Pfaffenhofen, Passau, Ingolstadt, Regensburg oder Burglengenfeld im Kampf gegen die allgemein grassierende Politikverdrossenheit längst in unterschiedlichster Form sowie unterschiedlich hohem technischen und finanziellen Aufwand realisiert wurde, fiel in Starnberg erneut durch. Bei Stimmengleichheit zwischen CSU, UWG, Grünen, SPD und Michael Mignoli (BMS) auf der einen Seite sowie BMS, WPS, BLS und FDP auf der anderen gab die Stimme von John den Ausschlag.

Dabei hatte die Bürgermeisterin in ihren Wahlkämpfen für das BMS stets "Öffentlichkeit, Transparenz und Bürgernähe" gefordert. Drei Jahre zuvor hatte John noch für eine Übertragung ins Internet votiert. Am Montag beschränkte sie sich auf ihre Rolle als Sitzungsleiterin und stimmte gegen eine Prüfung des Vorhabens.

In der Diskussion zeichnete sich frühzeitig die obligatorische Blockbildung ab. Doch abgesehen von Michael Mignoli (BMS), der sich ebenfalls für eine öffentliche Übertragung der Sitzungen erwärmte, stießen die Argumente von CSU-Ortschef Stefan Frey bei den übrigen Vertretern der Allianz auf taube Ohren: BLS-Chef Walter Jann sagte einfach "Nein", die FDP führte die angespannte Haushaltslage ins Feld. Markus Mooser (WPS) will lieber mehr Bürger in den Saal "locken", als jemanden auszusperren, weil er nicht aufgenommen werden möchte. Bereits jetzt würden im Internet "verfälschte Wortprotokolle" kursieren. Patrick Janik (UWG) dagegen ermunterte die WPS, eine Übertragung der Sitzungen als "Chance zu begreifen, das Informations-Monopol der Presse aufzubrechen". Eine Video- oder Audio-Aufzeichnung dagegen sei objektiv. Auch Christiane Falk (SPD) befand: "Das Original ist immer besser als die Wiedergabe durch Medien, die von Ihnen nicht akzeptiert werden". Annette von Czettritz (Grüne) glaubt, dass eine Übertragung auch zu mehr Disziplin im Gremium führen könnte. Stefan Frey konstatierte, dass der WPS offensichtlich der erforderliche Mut für eine öffentliche Darstellung des Stadtrats via Internet fehlt.

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