Selbstverteidigung:Wehrhafte Frauen

Selbstverteidigungskurs für Frauen

Die Abwehr eines Angriffs muss trainiert werden. Viele Frauen sind wegen der wachsenden Zahl von Übergriffen verunsichert.

(Foto: Boris Rössler/dpa)

Die Nachfrage nach Selbstverteidigungskursen ist enorm gestiegen

Von Klara Weidemann, Starnberg

In der Bodywerkstatt Starnberg-Perching werden seit vergangenem Jahr, neben den klassischen Kampfsportarten, vermehrt spezielle Selbstverteidigungskurse angeboten. Inhaber und Trainer für Kampfsport, Martin Gubo, erklärt das mit der stark steigenden Nachfrage. "Viele Menschen sind beunruhigt", meint er. Sein Angebot sei nur die Folge der aktuellen öffentlichen Diskussion. Innerhalb von sechs Wochen habe sich die Teilnehmerzahl in den Taekwondo-Kursen verdreifacht. Auch die 25 Plätze der zusätzlichen Selbstverteidigungskurse wären immer ausgebucht. "Und das, obwohl wir nicht extra dafür werben", so Gubo. Wie er sagt, nehmen nur Frauen an den Kursen teil. Er frage zwar nicht explizit nach, wisse aber von drei Teilnehmerinnen, die die gelernten Techniken bereits anwenden mussten.

Der Leiter der Fight & Fitness Academy Herrsching, Florian Koehlen, bietet Selbstverteidigungskurse an, bei denen der sportliche Aspekt im Hintergrund steht. Er kann bislang keine langfristigen Veränderungen bei der Nachfrage feststellen. "Der Januar war stark", meint Koehlen. Nach dem "Medien-Hype um Köln" seien viele Leute verängstigt gewesen und hätten Verteidigungskurse besucht. "Das hat sich aber wieder abgekühlt", so Koehlen. Während er im letzten Monat 48 Anfragen verzeichnen konnte, seien es im Februar bislang nur zwölf. Er stelle aber fest, dass mehr Frauen Interesse zeigen: "Inzwischen sind die Hälfte der Teilnehmer Frauen. Früher waren es meist nur ein Drittel". Die aktuellen Geschehnisse seien für seine Kurse aber unwichtig. "Früher oder später wird jede Frau mal belästigt", so Koehlen. "Jetzt sind die Leute nur stärker sensibilisiert". Und noch etwas Anderes will er klarstellen: "Man kann nicht alles auf die Flüchtlinge schieben". Letzten Samstag sei ein Mädchen in seinem Kurs gewesen, das am Münchner Hauptbahnhof belästigt worden war. Von einem Deutschen.

Auch der Kurs "Frauen-Selbst-Sicherheit" der VHS Herrsching vermittelt Strategien zur Entschärfung kritischer Situationen. Er wird bereits seit vielen Jahren angeboten. "Unabhängig von den Ereignissen in Köln und der aktuellen öffentlichen Diskussion ist dieser Kurs sinnvoll", erklärt Petra Hofstätter, Leiterin der vhs. "Als meine Tochter 12 war und angefangen hat, alleine S-Bahn zu fahren, war es für mich selbstverständlich, sie in den Kurs zu schicken", so Hofstätter. Anstatt Kampftechniken zur Selbstverteidigung beizubringen, würde der Kurs primär ein selbstsicheres Auftreten fördern. "Das kann man immer brauchen, ob auf dem Oktoberfest oder im Alltag", sagt Hofstätter. Die VHS verzeichne extrem schwankende Buchungen für den Kurs. "Wenn das Thema in der Presse präsent ist, haben wir einen Run bei den Anmeldungen", so Hofstätter. Dann gebe es wieder Semester, in denen nur zwei Leute kämen. Dieses Jahr seien 14 Teilnehmerinnen gebucht, was einer siebenfachen Steigerung zum vorletzten Semester entspricht. "Die Unsicherheit bei Frauen ist gestiegen. Es ist aber gefährlich, verallgemeinernde Rückschlüsse aus den aktuellen Ereignissen zu ziehen", sagt Hofstätter.

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