Starnberg:Virtuelle Freunde

Knapp ein Drittel des Stadtrats präsentiert sich auf "Facebook"

Von Peter Haacke, Starnberg

Freilich lässt sich darüber streiten, welchen Nutzwert soziale Netzwerke haben. Doch vielen Zeitgenossen gelten Facebook, Twitter, Tumblr, Instagram und Co als unverzichtbarer Bestandteil ihres Daseins. Die weltweit größte Plattform, die sich seit 2004 etabliert hat, ist Facebook: Das "Gesichtsbuch" - von Mark Zuckerberg ursprünglich ersonnen als eine Art digitales Jahrbuch - ermöglicht die Darstellung der eigenen Person, von Unternehmen zur geschäftlichen Präsenz sowie von Gruppen zur privaten Diskussion gemeinsamer Interessen. Die Profile können durch "Freundschaftsanfragen" vernetzt werden. Weltweit hat Facebook mehr als 1,5 Milliarden Mitglieder, in Deutschland sind es rund 28 Millionen aktive Nutzer.

Auch Kommunalpolitiker nutzen zunehmend Facebook, um ihre Anhängerschar mittels dieser kostenlosen Plattform auf unterschiedlichste Weise zu informieren, zu werben und zu unterhalten. Von den Mitgliedern des Starnberger Stadtrats sind zehn auf Facebook vertreten, darunter auch Bürgermeisterin Eva John. Doch wer pflegt seinen Auftritt, wer präsentiert sich am besten, wer hat die meisten Freunde? Die Starnberger SZ ging auf virtuelle Rundreise. Und um es vorweg zu nehmen: Christiane Falk (SPD) hat die meisten Freunde, Klaus Rieskamp (BLS) die wenigsten, und Martina Neubauer (Grüne) postet am häufigsten. Einige Präsentationen aber geistern nur als digitale Zombies durchs Netz, die weder gepflegt noch gelesen werden.

Da macht auch der Auftritt von Bürgermeisterin John keine Ausnahme. Mit 329 "Freunden" rangiert sie auf Platz 4 der Starnberger Top-Ten, der letzte Eintrag datiert vom 3. März 2015 ("Freu mich schon auf unseren Besuch in Dinard"). 2014 noch hatte sie Facebook mit Einträgen überhäuft, doch mit den Stadtratsneuwahlen im April 2015 scheint John die Lust auf Facebook vergangen zu sein. Kurios: John wurde 2015 aus der CSU ausgeschlossen, ist aber weiterhin Mitglied der Facebook-Gruppe "CSU Kreisverband Starnberg". Weniger verwunderlich: Sie ist auch Mitglied von "Starnberg schafft sich ab".

Einer der aktiveren Nutzer ist Tim Weidner (SPD): Mit 1051 Freunden ist er Zweiter des internen Stadtrat-Rankings, obwohl auch sein Auftritt nicht mehr taufrisch ist: Der letzte Post datiert von Oktober 2015. Seine Einträge spiegeln sein Leben wider als stellvertretender Landrat, SPD-Funktionär, Betriebsrats-Vorsitzender der Unicredit Bank - und auch als Privatmann.

Mehr "Freunde" als Christiane Falk hat keiner: Mit 1840 Einträgen ist die SPD-Stadträtin die Spitzenreiterin im Gremium - obwohl auch ihr letzter Post schon zehn Monate alt ist. Falk konzentriert sich auf politische Aspekte, Persönliches findet sich nur wenig. Eine andere Strategie verfolgt dagegen Martina Neubauer (Grüne), mit 920 Freunden auf Rang 3: Sie muss in diesem Vergleich als ungekrönte Facebook-Königin gelten. Nahezu täglich findet sich etwas Neues, was aber auch nicht unbedingt etwas mit Starnberg zu tun hat. Neubauer "postet" vielmehr alles Mögliche, was sie im Netz so findet und was sie beschäftigt - eine aktuelle und bunte Seite mit durchaus unterhaltsamen Charakter.

Ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen in der Gunst um "Freunde" liefern sich auf Facebook die CSU-Stadträte Fritz Obermeier (220), Thomas Beigel (218) und Stefan Frey (209). Obermeier setzt auf einen Dreiklang aus Feuerwehr, Fußball und Fun, der sporadisch gepflegt wird. Beigel dagegen hat seine Aktivitäten ebenfalls seit März 2015 eingestellt, was aufgrund seiner Auswahl eigentlich schade ist. Wesentlich aktiver ist da CSU-Ortsvorsitzender Frey, der sich vornehmlich auf lokale politische Themen fokussiert, aber kaum Persönliches preisgibt. Vierte im Bunde ist Frauen-Union-Ortsvorsitzende Katja Fohrmann, die es trotz dürftiger Ereignislage immerhin noch auf 88 "Freunde" bringt.

Als einziges Mitglied der WPS-Fraktion präsentiert sich Markus Mooser bei Facebook mit 192 Anhängern. Doch die Aktivitäten des Radsport- und Oldtimer-Fans sind zum Erliegen gekommen: Seit 2014 - in diesem Jahr überwiegen Beiträge über Aktivitäten seiner politischen Gruppierung - gibt es hier nichts Neues mehr. Bemerkenswert: Glaubt man dem Eintrag, hat Mooser seine Schulkarriere 1988 an der Uni München begonnen. Schlusslicht des internen Freunde-Rankings ist Klaus Rieskamp: Lediglich 57 Personen nehmen auf Facebook vom 2. Bürgermeister Notiz, der zuletzt im November 2013 einen Beitrag zur Aufstellungsversammlung der WPS, seiner damaligen Gruppierung, einstellte. Politisch Interessierte erinnern sich: Im Sommer 2014 wechselte er zur Bürgerliste, in der Präsentation findet das aber keine Erwähnung.

Fazit: Der Verdacht liegt nahe, dass die Hälfte der Stadträte nebst Bürgermeisterin ihre Facebook-Seite lediglich aus PR-Gründen zielgerichtet auf die Kommunalwahlen 2014 und 2015 hin gepflegt haben - im Grunde genommen also digitaler Ballast. Die andere Hälfte informiert und unterhält wenigstens ein bisschen. Die weitaus wichtigere Erkenntnis: In politischer Hinsicht ist Facebook und die Anzahl von "Freunden" irrelevant. Die Einträge haben nur marginalen Einfluss auf Starnbergs politische Ereignisse - erst recht im Hinblick auf Wahlergebnisse.

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