Starnberg:Verschwende nicht die Zeit alleine

Starnberg  Kulturbahnhof

Reizvoller Dreiklang: "Café Voyaga" mit Maria Friedrich, Günter Renner und Marc Piri (v.li.) nahmen ihr Publikum mit auf eine musikalische Reise.

(Foto: Georgine Treybal)

"Café Voyage" gastiert im Wartesaal des Starnberger Kulturbahnhofs

Von Patrizia Steipe, Starnberg

Der holzgetäfelte Wartesaal am Starnberger Bahnhof hatte sich an diesem Spätnachmittag in ein Caféhaus verwandelt. Früher war der Raum "allerhöchsten Herrschaften" wie beispielsweise König Max II. vorbehalten. Längst dürfen auch Bürgerliche hinein, denn aus dem Wartesaal ist eine Kleinkunstbühne geworden. Für das Publikum hatten die Mitarbeiterinnen des Kulturamts der Stadt Starnberg Kaffee und Kuchen organisiert, der an runden Bistrotischchen serviert wurde.

"Café Voyage" stand auf einer Leuchtreklame - ein passender Name für das Herzstück des "Kulturbahnhofs". Es war aber der Name, den Maria Friedrich (Cello), Marc Piri (E-Gitarre, Mandoline) und Günter Renner (Gitarre, Gesang) vor drei Jahren ihrer neuen Band gegeben hatten. Im Gepäck dabei hatten die Künstler Musik über die Lust am Reisen. Zur Einstimmung nahmen sie das Publikum mit dem wundervollen Lied von Paolo Conti "It's wonderful" mit in die weite Welt. "Auf und davon" lautete die deutsche Übersetzung von Songpoet Renner. Der schmeichelnde Klang, den die klassisch ausgebildete Musikerin Maria Friedrich ihrem Instrument entlockte, die leidenschaftlichen Rhythmen der Akustikgitarre, gepaart mit den fordernden Klängen der E-Gitarre bildeten einen reizvollen Dreiklang, egal ob melancholische Chansons, orientalische Klänge, funkiger Rock oder Blues angestimmt wurden. Der Süden, Venezuela, der Orient, Südamerika - überall locke das Abenteuer und die Freiheit, auch wenn die Konzerttournee, auf die die Musiker immer wieder Bezug genommen haben, nur in der Fantasie stattgefunden hat.

Während das Publikum seinen Blick auf die Künstler richtete, konnten die Musiker ihren Blick über die Köpfe des Auditoriums hinweg und aus dem Fenster schweifen lassen. In der Abenddämmerung lag der Starnberger See und davor der Starnberger Bahnhof, von dem aus immer wieder Züge mit quietschenden Bremsen hielten und wieder abfuhren. Keine schlechten Voraussetzungen also, um Fernweh im Kulturbahnhof aufkommen zu lassen und die Musik besonders sehnsuchtsvoll klingen zu lassen.

Zwischen den Stücken mimten die Musiker immer mal wieder Reisende, die sich scheinbar ganz zufällig auf einem Zwischenhalt von hier nach da getroffen haben. Es wurden tiefsinnige Gedanken ausgetauscht; man näherte sich kurz an, um sich dann wieder zu verabschieden und aus der Rolle des Suchenden wieder zurück in die des Musikers zu schlüpfen. "Der Weg ist das Ziel, doch das Schönste daran sind die Kaffeepausen", ist eine der Wahrheiten, die das Publikum mit nach Hause nehmen konnte.

Freiheit sei es aber auch, "einfach mal nichts tun". So lautete der Titel des Winterlieds der Band, ein eingängiges Stück in guter alter Liedermacher-Manier. "Ich kann dir nicht erklären wie Schokolade schmeckt" hieß ein anderes der selbst komponierten Stücke. Ausprobieren, etwas wagen und sich nicht auf Second-Hand-Erfahrungen einzulassen, lautete die Aufforderung an die Caféhausgäste. "Schokola-, Scho-, Scho- kolade, Schokola-", klang es aus vielen Kehlen im Refrain und auch beim Mitschnipsen waren die Starnberger alle dabei. Das Café Voyage hatte sich bei seinem Programm aus den unterschiedlichsten Musikstilen bedient: Spanische Gitarre, neapolitanischer Mandolinen-Schmelz und ein Cello, das auch mal wie eine Violine klang. Bei den Stücken ließ auch Reinhard Mey grüßen. Eine musikalische Referenz gab es mit einem gecoverten Chanson des unvergessenen französischen Barden Georges Moustaki. Vom Fango-Tango, über einen von Bethlehem inspirierten meditativen Song mit orientalischen Tönen bis zum Shanty und dem Lagerfeuersong mit der Blues-Harp reichte das Repertoire.

Und es gab sogar eine Premiere an diesem leichten Abend: Günter Renner stellte in Starnberg ein selbstkomponiertes Liebeslied vor. "Verschwende nicht die Zeit alleine", mahnte er das Publikum. Ein "Liebeslied der alten Zeit" nannte er das Stück. Das Café Voyage endete mit einem Matrosenlied und dem allzeit gültigen Spruch: "Es ist, wie es ist".

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