Kritischer Redakteur:Unauffällige Ehrung

Otto Michael Knab am Schreibtisch; Otto Michael Knab

Autor und Chefredakteur des Land- und Seeboten: Otto Michael Knab.

(Foto: Fuchs)

Otto Michael Knab, Autor des Buchs "Starnberg unterm Hakenkreuz", wurde ein Weg gewidmet - im sehr kleinen Rahmen

Von Peter Haacke, Starnberg

Es ist ein bedrückendes und detailgetreues Zeugnis lokaler NS-Geschichte, das der Zeitungsredakteur und Buchautor Otto Michael Knab (1905 - 1990) den Starnbergern hinterlassen hat: "Kleinstadt unterm Hakenkreuz" heißt das nur 80 Seiten starke Büchlein, das seit 2014 auch wieder als Reprint im Buchhandel erhältlich ist. Seit wenigen Tagen ziert nun ein Straßenschild den bislang namenlosen Fuß- und Radweg zwischen dem Vorplatz von "Schuh Linse" und der Einmündung in die Starnberger Theresienstraße. Diesen Weg wird Knab, der sich seit 1924 vom Setzer und Redaktionsassistenten zum Chefredakteur (ab 1929) des "Land- und Seeboten" in Starnberg hochgearbeitet hatte, täglich benutzt haben, bis er sich 1934 nach der Machtergreifung der Nazis unter zunehmendem Druck der regionalen NS-Verwaltung 1934 zur Flucht in die Schweiz entschloss. Grund für die späte Würdigung Knabs war ein Antrag in der Bürgerversammlung am 13. November 2014. Warum aber diese Ehrung so überaus unauffällig ausfiel, bleibt ein Geheimnis der Stadtverwaltung.

Eher beiläufig teilte das Rathaus nun am Dienstag mit, dass Bürgermeisterin Eva John "vor Kurzem" gemeinsam mit den Betriebshof-Mitarbeitern Peter Weigl und Peter Mayer sowie Wolfgang Pusch (Leiter Stadtarchiv) den "Otto-Michael-Knab-Weg" am Druckereigebäude Jägerhuber offiziell eingeweiht habe. Drei kurze Zeilen erläutern Vita und Wirken jenes Mannes, der sich den Nazis widersetzte und mit seinen "grotesken Erinnerungen aus Bayern" ein beschämendes Starnberger Zeugnis hinterlassen hat. Tatsächlich aber ist der kleine Weg schon Ende April umbenannt worden.

Der 89-jährige Josef Jägerhuber, einst Herausgeber des "Land- und Seeboten" (1875 - 1990) und einer der letzten Starnberger, die Knab noch persönlich gekannt haben, ist die stille Widmung des Fußwegs angesichts der besonderen Umstände, die zu Knabs Flucht geführt haben, jedoch "eine billige Sache". Der Redakteur war in der Nacht des Röhm-Putsches am 30. Juni 1934 aus Starnberg geflüchtet und ließ sich auf dem Motorrad an die Schweizer Grenze bringen, um dem Schicksal der Einlieferung ins KZ zu entgehen. Nach schweren Zeiten im Schweizer Exil siedelte er 1939 mit Frau und Kindern in die USA über, weil seine Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert wurde. 1969/70 kehrte Knab für ein halbes Jahr nach Starnberg zurück und war hier maßgeblich am Zustandekommen des "Heimatbuch Stadt Starnberg" beteiligt.

Späte Anerkennung erfuhr Knab 2014, als der Starnberger Historiker Benno C. Gantner "Kleinstadt unterm Hakenkreuz" im Eigenverlag neu auflegte: Ein Buch, das als Zeugnis dafür gilt, wie vorhandener Widerstand im Keim erstickt und öffentliche Meinung manipuliert wurde, wie Redakteuren die Inhalte ihrer Artikel aufgezwungen wurden und sich eine ehedem gesellschaftliche Unterschicht gewaltsam an die Macht schob.

Eigentlich hätte der Stadtrat über den Antrag aus der Bürgerversammlung und die Umbenennung des Weges debattieren sollen. Vielleicht wäre die Zeremonie dann etwas feierlicher ausgefallen. Für Jägerhuber indes hat diese Art der Würdigung "keinen Stil".

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