Starnberg:Tierschützer bitten zur Kasse

Neue Verträge mit den Gemeinden sollen das Starnberger Tierheim finanziell auf sicherere Beine stellen. Die Versorgung der Fundtiere frisst nämlich die Rücklagen in beachtlicher Geschwindigkeit auf

Von Astrid Becker, Starnberg

Ella ist so ein typischer Fall. Die Mischlingshündin wurde am 16. Januar in Seeshaupt gefunden und ins Tierheim Starnberg gebracht. Klar, werden viele sagen, da gehört sie auch hin. Doch wer zahlt ihre veterinärmedizinische Versorgung, ihre Unterbringung, ihr Futter? Gesetzlich verpflichtet sind dazu die Kommunen, auf deren Flur die Tiere gefunden wurden. Deshalb hat der Tierschutzverein nun mit den Gemeinden Fundtierverträge abgeschlossen - nicht immer ging dies reibungslos vonstatten.

Beispielsweise in Inning. Trotz einer ohnehin recht umfangreichen Tagesordnung diskutierte der dortige Gemeinderat fast 20 Minuten über Sinn und Unsinn eines solchen Vertrags, der die Gemeinde in die Pflicht nimmt. 50 Cent pro Einwohner mit Hauptwohnsitz soll die Kommune im Jahr an den Tierschutzverein zahlen - im Falle Innings sind dies etwa 2200 Euro. Erst der Hinweis von Mitgliedern des Finanzausschusses auf eine Rechnung von mehr als 1000 Euro für ein solches Fundtier, die man erhalten habe, nachdem ein Finder ein solches Tier zum Tierarzt gebracht habe, sorgte letztendlich für die Zustimmung des Rats für den Abschluss des Vertrags. Inning wurde eine solche Rechnung vom Tierschutzverein bislang nicht gestellt - obwohl auch von dort Hunde, Katzen oder Kleintiere stammen, die versorgt werden mussten. Das ist jedoch eher personellen Engpässen zuzuschreiben, nicht der vermeintlich guten Finanzlage des Vereins und seines Tierheims. Denn ganz allgemein gehe die Spendenbereitschaft seit Jahren zurück, auch in Starnberg, wie die hiesige Vorstandsvorsitzende Nicole Brühl sagt, die auch Präsidentin des Landesverbands Bayern im Deutschen Tierschutzbund ist.

Fundtiere im Tierheim Starnberg

97 Katzen und 49 Hunde sind allein 2014 im Tierheim Starnberg als Fundtiere registriert. Vor gut zwei Wochen kam nun noch die Hündin Ella dazu.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Tierheim in Starnberg, so sagt sie, sei mit seinen zehn Mitarbeitern relativ groß. Finanziell mag es im Vergleich zu Tierheimen im Chiemgau oder in Niederbayern, die massiv von der Schließung bedroht sind, noch einigermaßen gut dastehen: "Doch auch wir schreiben immer Miese, die wir nur durch Rücklagen kompensieren können." Wenn es die neuen Verträge nun nicht gäbe, so meint sie, wäre das Polster des Heims binnen kürzester Zeit aufgebraucht. Mit den neuen Fundtierverträgen plus den zehn Cent pro Kreisbewohner aus der Kreisumlage reichten die Rücklagen "vielleicht noch drei bis vier Jahre, höchstens". Denn der Freistaat Bayern lasse als "Schlusslicht in Deutschland" seinen insgesamt 114 Tierschutzvereinen und 80 Tierheimen keinerlei finanzielle Unterstützung zukommen: "Dabei sorgen wir dafür, dass das Tierschutzgesetz vollzogen werden kann. Wir übernehmen die Aufgabe der Gemeinden, weil wir diese Tiere aufnehmen und versorgen, wir sind also ihre Dienstleister", sagt Brühl. Auch im Fall von Wildtieren, die oft verletzt und krank in die Tierheime gebracht würden, und deren Versorgung nicht in Rechnung gestellt werden könne. Auch hier sei das Land seiner gesetzlichen Verpflichtung, eine Auffangstation für sie einzurichten, nicht nachgekommen.

Erst vor kurzem hatte das Tierheim 40 verwilderte Katzen aufgenommen, die in einem Waldstück gefunden wurden: Sie litten an Katzenseuche. Die Kosten für die tierärztliche Versorgung beliefen sich im Monat auf 8000 Euro. Ein strittiger Fall, denn die Gemeinde, in der die Tiere gefunden wurden, besitzt wie ein paar andere im Kreis auch einen jahrzehntealten Vertrag, dessen Inhalt nun erst einmal geprüft werden muss. Solche Verträge gelten noch, der Kündigungsfrist wegen, bis 2016. Nur die Kommunen, die bislang gar keine Verträge hatten, werden bereits heuer zur Kasse gebeten. Doch weder 2015 noch 2016 werden 50 Cent pro Einwohner die Kosten decken - auch weil die Besitzer der Tiere nicht immer gefunden werden: "Wenn das nicht gleich in der ersten Woche gelingt, dann meist gar nicht", weiß auch Tierheimleiterin Christine Hermann, "wie bei Ella. Sie wird uns bleiben."

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