Starnberg:Starnberger Lebenshilfen

Starnberg: Eine Spende von 500 Euro übergab Starnbergs Vizebürgermeister Klaus Rieskamp an Gerd Weger (li.). Rosa Strenkert und August Mehr freuten sich mit.

Eine Spende von 500 Euro übergab Starnbergs Vizebürgermeister Klaus Rieskamp an Gerd Weger (li.). Rosa Strenkert und August Mehr freuten sich mit.

(Foto: Ulfers)

Der Verein Brücke, der straffällig gewordene Jugendliche betreut, feiert groß seinen 35. Geburtstag

Von Berthold Schindler, Starnberg

Der 35-jährige Geburtstag ist gemeinhin kein besonderer. Die "Brücke Starnberg" hat ihn trotzdem am Dienstag mit einem Festakt im kleinen Saal der Schlossberghalle gefeiert. Die Menschen freilich, um die es bei der "Brücke" geht, sind beträchtlich jünger: Der gemeinnützige Verein kümmert sich um junge, straffällig gewordene Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren, die nach ihrer Verurteilung soziale Arbeit ableisten müssen. Der Verein vermittelt diese einerseits an staatliche und private Institutionen wie Krankenhäuser, Seniorenheime und Kindergärten, er bietet ihnen aber auch die Möglichkeit, an verschiedenen Programmen teilzunehmen: Für Schulverweigerer etwa gibt es das Projekt "Update", in welchem die Betreuer den jungen Leuten einerseits helfen, Bewerbungsunterlagen zu erstellen, aber auch die eigenen Stärken und Interessen herauszufinden.

Jugendliche Gewalttäter wiederum bekommen einen Täter-Opfer-Ausgleich angeboten, um gemeinsam mit den Betroffenen die Straftat aufzuarbeiten. Unter dem Vorsitz des Starnberger Stadtrats Gerd Weger hat "die Brücke" für die Betreuung drei hauptamtliche Sozialpädagogen eingestellt, die zusammen mit anderen Vertretern aus Justiz, Jugend- und Sozialarbeit sowie der Politik bei der Feier eingeladen waren.

Im Mittelpunkt dort stand ein rhetorisch wie inhaltlich bemerkenswerter Vortrag des Landshuter Sozialwirtschaftsprofessors Christoph Fedke. Das Versagen von Eltern, Gesellschaft und Schulsystem machte Fedke als Hauptursachen für Jugendkriminalität aus. Neue Möglichkeiten dank der digitalen Revolution seien zwar gegeben, "aber nicht für alle", Jugendpolitik sei wiederum nur "Anhängsel" in gesellschaftlichen Debatten, wenn es arbeitsmarkt- und ordnungspolitisch "opportun" sei, so zwei seiner Thesen. Die Wahrscheinlichkeit, unter den heutigen Lebensverhältnissen unbeschadet die Jugend zu bestehen, bezeichnete er als "gering".

Lösungen hatte er auch parat: Die Möglichkeit eines Studium Generale an Hochschulen, um "Fachkräfte, keine Fachidioten" auszubilden, müsse ebenso in Betracht gezogen werden wie eine Neubewertung des aus seiner Sicht defizitären Bildungssystems. Außerdem obläge es den Eltern, sich in Erziehungsfragen auf die Weitergabe von Werten statt auf die Erfüllung von Konsumwünschen rückzubesinnen.

Aufhorchen ließ auch seine Schlussbemerkung zur Flüchtlingssituation: Deutschland müsse sich angesichts des demografischen Wandels als Einwanderungsland bekennen; sollten hingegen Forderungen rechter Gruppierungen mehrheitsfähig werden, wolle der in Benediktbeuren ansässige Fedke "nicht mehr hier leben". Sein kontroverses Referat blieb nicht unwidersprochen. Der zum Ehrenmitglied ernannte Bernhard Frühauf hob in seiner Dankesrede die positiven Ergebnisse der "Brücke" hervor, andere empfanden die Sicht Fedkes als "zu pessimistisch".

Umrahmt wurde die Feier übrigens von einem jungen Streichquartett der Musikschule Starnberg. Sie spielten unter anderem Mozarts KV 156. Der Salzburger Meister erlebte seinen 36. Geburtstag nicht mehr. Nach den lebhaften Debatten in der Schlossberghalle zu urteilen, hat die "Brücke Starnberg" eine rosigere Zukunft vor sich.

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