Starnberg:Starnberger. Fünf Seen. Land.

Was sind die Stärken dieser Gegend, und was die Schwächen? Regionalmanagerin Verena Papke will dies zusammen mit Marketingexperten herausfinden und zu einer "Marke" bündeln. Dafür braucht sie viel Überzeugungskraft

Otto Fritscher

Starnberger Lebensgefühl

Starnberger Lebensgefühl Starnberg Leben am Starnberger See

(Foto: STA Franz X. Fuchs)

Eine Seepromenade, die so überhaupt keinen Glamourfaktor hat, stattdessen Bahngleise, die die Stadt vom See abriegeln und ein verlottertes Bahnhofsumfeld; statt Premium und Luxus, wie es viele von Starnberg erwarten, kein einziges Fünf-Sterne-Restaurant, nicht mal ein gehobenes Wellness-Hotel. "Kein Wunder, wenn Touristen dann enttäuscht sind und nicht wiederkommen", sagt Regionalmanagerin Verena Papke. Auf der anderen Seite beinahe ein Übermaß an idyllischer Natur, von Andechs bis Leutstetten. Und eine Wirtschaft mit vielen innovativen Betrieben. "Aber welcher Hamburger weiß schon, dass es bei uns viele interessante Arbeitsplätze gibt", sagt sie. Papkes Aufgabe ist es, diese Diskrepanz zwischen Image und Wirklichkeit zu untersuchen - und wenn möglich zu glätten. Es geht darum, die "Marke Starnberger Fünfseenland" zu entwickeln. Man kann den komplizierten Prozess, der sich dahinter verbirgt, aber auch anders beschreiben: "Es ist ein Spießrutenlauf", sagt Verena Papke.

Bei der Regionalmanagerin in Diensten der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (gfw) laufen die Fäden zusammen, eine "Marke" aus vielen Vorzügen - aber auch Defiziten - des Fünfseenlands herauszudestillieren. Man kann es auch einfacher formulieren: "Wofür steht diese Region hier?" Die Antworten darauf sind so vielfältig wie die Akteure in der Politik, der Wirtschaft, dem Kulturleben und vielen anderen Bereichen des Fünfseenlands. Nur eines ist klar: Das Image, das vor allem Starnberg bundesweit und noch weiter ausstrahlt, entspricht in keiner Weise dem, was Touristen hier tatsächlich vorfinden. Deshalb soll nun definiert und vor allem gebündelt werden, was der Landkreis Starnberg an wirklichen Stärken hat.

Dabei räumt Papke mit einer weit verbreiteten Vorstellung auf: "Es geht nicht in erster Linie um ein Logo, ein Emblem oder eine Wortmarke für den Landkreis." Wortmarke? Früher hätte man Slogan dazu gesagt, zur "Freude am Fahren", bei der man sofort an BMW denkt, oder "Wir. Dienen. Deutschland.", wie die Bundeswehr sich definiert, oder einfach "Legendär", was Kitzbühel von sich behauptet. Wie wäre es mit "Starnberger. Fünf Seen. Land."? "Verdichtung", wie die Markenexperten sagen, hin, Slogan her. Leicht tut sich Papke zurzeit nicht, ihr "Baby" voranzubringen. Denn momentan läuft es gut im Fünfseenland: die Wirtschaft floriert, es herrscht nahezu Vollbeschäftigung, die Touristenzahlen steigen, wenn auch nur leicht - kein Grund zur Panik also? Kein Grund zu Innovationen? "Man braucht einen langen Atem und eine Menge Überzeugungskraft, um zu erklären, wofür eine ,Marke Starnberger Fünfseenland' gut ist", erklärt Papke. Ein Spießrutenlauf also.

Offenbar hat Papke aber Nehmerqualitäten und Durchhaltevermögen, denn die Finanzierung des Projekts ist nun gesichert. Immerhin 130 000 Euro kostet der Prozess, der von der Spezial-Agentur Brandtrust gesteuert wird. Papke hat eine Tour zu den Bürgermeistern der Landkreis-Gemeinden hinter sich - und dabei ist es ihr offenbar gelungen, die Bürgermeister vom Sinn des "Markenfindungsprozesses" zu überzeugen. "Die erste Frage war immer: Was kostet das?", erinnert sich Papke. Dabei kommen auf die Gemeinden Kosten zwischen 1040 Euro (Andechs) und 13 000 Euro (Bernried) zu. Die Gemeinden sollen pro Einwohner zehn Cent und pro Gästeübernachtung 15 Cent zahlen. "Fast alle Bürgermeister haben zugesagt", freut sich Papke. Etwa die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Servatius, die vergangene Woche sagte: "Wir sind zwar nicht im Tourismusverband, aber ich bin überzeugt, dass es Sinn macht eine gemeinsame Strategie aufzubauen." 20 000 Euro soll der Kreistag in den Haushalt 2014 einstellen. Erstmals kommt rund ein Drittel der Gesamtkosten von privaten Geldgebern wie zehn Hotels, die sich nach einem bestimmten Bettenschlüssel beteiligten, aber auch die regionalen Banken, Direktvermarkter und Unternehmer bringen zusammen mehr als 40 000 Euro ein. "Es ist wunderbar, dass so eine Public-Private-Partnership entsteht", sagt Papke. Und natürlich ist auch der Tourismusverband mit an Bord, auf dessen Initiative das ganze Projekt vor nunmehr drei Jahren Fahrt aufnahm.

Wie geht es nun konkret weiter? Eine 20-köpfige Arbeitsgruppe mit Vertretern der Finanziers, aber auch anderen Mitgliedern wie Kommunalpolitikern, wird unter der Regie von Braintrust bis Sommer 2014 mindestens ein halbes Dutzend Mal zusammenkommen und versuchen, eine Marke kreieren. Diese soll dann bei einem "Markentag" der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Ob die Marke dann wirklich "Starnberger Fünfseenland" heißt, ist noch offen. Auch der Zeitplan birgt Unwägbarkeiten: Durch die Kommunalwahl im März 2014 könnte es zu Verzögerungen kommen. Papke indes ist optimistisch: "Ich weiß, Markenfindung ist etwas Langfristiges, bei dem man nicht einfach eine hübsche Broschüre herausgibt und damit vor den Wählern glänzen will." Es ist, wie gesagt, auch ein Spießrutenlauf.

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