Starnberg:Ständig mit dem Tod konfrontiert

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Das Ambulante Kinderhospiz kümmert sich um 80 Familien.

Blanche Mamer

Starnberg - Das Mädchen ist zwölf Jahre alt und liegt im Koma, es wird rund um die Uhr betreut. Das Kind, nennen wir es Claudia, liegt in einem Spezialbett und ist an ein Beatmungsgerät angeschlossen, das Zimmer muss konstant beheizt, belüftet und befeuchtet werden. Die Stromkosten sind hoch, die Heizung verschlingt Unsummen, die alleinerziehende Mutter kann sie nicht bezahlen. Was passiert? Der Strom wird abgestellt, kein Gerät funktioniert mehr, Claudia kämpft mit dem Ersticken. Über das Handy ruft sie den Notruf des Ambulanten Kinderhospizes München an und informiert die Betreuerin.

"Solche Situationen gibt es immer wieder, auch im Landkreis Starnberg", sagt Christine Bronner, Sozialpädagogin und Therapeutin aus Inning, die vor Jahren das Kinderhospiz gründete. Durch Verhandlungen mit dem Stromanbieter - manchmal sogar bis zum Vorstand des Konzerns - wird der Strom wieder angestellt. Doch die Schulden bleiben. "In Starnberg ist das so ein Elend, gerade wenn die Mütter allein sind. Sie sind am Ende ihrer Kraft, voller Angst und Verzweiflung, auch weil sie sich gegenüber der Nachbarschaft nicht outen wollen", sagt Bronner. Die Krankheit zieht sich oft jahrelang dahin, für Medikamente und Therapien kommen große Zuzahlungen zusammen, die Pflege wird oft nicht vollständig von Krankenkassen oder Bezirk übernommen, die finanzielle Belastung ist enorm. Zu der ständigen Belastung und der Sorge um das kranke Kind kommen oft noch Sorgen um die übrigen Kinder. Wie die Eltern brauchen auch die Geschwister besondere Fürsorge. "Auch ihr Leben ist nie mehr so wie früher, sie sind ständig mit dem Tod konfrontiert, neigen zu Depressionen, haben oft Probleme in der Schule, werden ausgegrenzt, geraten an falsche Freunde." Darum kümmert sich das Ambulante Kinderhospiz auch um Therapien, Nachhilfe, Spiel- und Gesprächsgruppen, Jugendfreizeiten, Ausflüge. Für die Schwester eines schwerstkranken Buben wurde jetzt ein Boxtrainer organisiert. 80 Familien werden betreut. Zwei Drittel der finanziellen Mittel, also rund 400 000 Euro werden über Spenden finanziert. Die Organisation will für Familien aus Starnberg mit akuten Problemen Spenden beim SZ-Adventskalender beantragen.

"Plötzlich ist alles anders. Wie aus heiterem Himmel trifft die Diagnose 'schwerkrankes' oder 'behindertes Baby' die ganze Familie. Zukunftspläne, Träume sind in einem Moment zunichte", sagt Marion Getz vom Familienkreis behinderter und schwerkranker, sterbender Kinder. Der Verein "Buss" in Germering betreut ebenfalls Familien im Landkreis Starnberg, setzt sich für die Unterstützung von Familien mit behinderten Frühchen gleich nach der Entlassung aus der Klinik ein. Und kümmert sich um die Familien über den Tod der Kinder hinaus. "Wir bieten ein Netz an, helfen auch in finanziellen Notfällen", sagt Gerz. Jetzt soll ein Notfalltopf eingerichtet werden, für den auch der SZ-Adventskalender gebraucht wird.

Um Kinder mit Geburtsschäden kümmert sich auch der Niederpöckinger Verein "Fortschritt". Über die "konduktive Förderung" sollen cerebral geschädigte Kinder lernen, so selbständig wie möglich zu werden. In heilpädagogischen Tagesstätten lernen sie, sich im Bett aufzusetzen, zu sitzen und mit Gehhilfen zu gehen, die Toilette zu benutzen. Manche ziehen aus anderen Bundesländern zu, damit ihre Kinder in einer Fortschritt-Einrichtung betreut und therapiert werden.

"Wir bräuchten einen besseren Betreuungsschlüssel und eine Reihe von Spezialgeräten", sagt Fortschritt-Gründer Peter von Quadt. Die Lebenshilfe Starnberg, die sich um Menschen mit geistiger Behinderung und um Kinder mit Entwicklungsverzögerungen und Verhaltensauffälligkeiten kümmert, benötigt für seine Tagesstätte einen Bus für Ausflüge, beispielsweise in die örtliche Bücherei, oder für Fahrten, die dem Erlangen der Selbstständigkeit dienen.

© SZ vom 01.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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