Starnberg:Stadtrat distanziert sich

Starnberg, Eva John BGM

Starnbergs Bürgermeisterin Eva John

(Foto: Georgine Treybal)

Deutliche Mehrheit kritisiert Alleingang der Starnberger Bürgermeisterin Eva John

Von Peter Haacke, Starnberg

Das Schreiben von Eva John an die Staatsanwaltschaft, in dem sie auf Zweifel an der Wählbarkeit von Stadträtin Angelika Kammerl hinwies und der Justiz eigene Ermittlungen nahelegte, hat Folgen. Der Stadtrat beschloss am Montag mehrheitlich zu vorgerückter Stunde eine nachträgliche Korrektur, weil das Vorgehen nicht die offizielle Position der Stadt Starnberg und des Gremiums wiedergebe, sondern "eine persönliche Maßnahme der ersten Bürgermeisterin Eva John darstellt". John soll nun schnellstmöglich in einem Schreiben an Staatsanwaltschaft und die örtliche Presse klarstellen, dass die "Anzeige möglichen strafbaren Verhaltens" gegen Stadträtin Kammerl ihre alleinige Angelegenheit ist. Die Staatsanwaltschaft hatte am vergangenen Freitag die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt, weil sich der geäußerte Verdacht gegen die Stadträtin als nichtig erwiesen habe.

Der Vorfall selbst und auch die Reaktion des Stadtrats dürften absoluten Seltenheitswert in der bayerischen Landespolitik haben. Ausgangspunkt der Querelen waren im September öffentliche Äußerungen von Stadtrat Günther Picker (WPS) gegen seine ehemalige Fraktionskollegin Angelika Kammerl, die im Mai 2016 die Gruppierung nach tiefem Zerwürfnis verlassen hatte. Picker behauptete, Kammerl habe vor den Kommunalwahlen 2014 und 2015 ihren Wohnort falsch angegeben, "mit falschen Angaben das Starnberger Stadtratsmandat erschlichen" und somit ihre Wählbarkeitsvoraussetzung verloren. Picker forderte sie zur Niederlegung ihres Mandats auf. Nachdem die Angelegenheit zunächst ruhte, brachte Eva John am 11. Oktober ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft auf den Weg, in dem sie Pickers Vorwürfe schilderte und der Justiz "anheim" stellte, von Amts wegen zu ermitteln, "ob hier strafrechtlich relevante Anhaltspunkte gegeben sind". Am Freitag hatte Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich in seiner Funktion als Pressesprecher des Gerichts jedoch erklärt, dass es kein Strafverfahren gegen Kammerl geben werde.

Der Stadtrat hatte sich am Montag zunächst mit der Frage befasst, ob der von insgesamt elf Stadträten unterzeichnete Antrag, in dem sich das Gremium "deutlich vom Alleingang der Bürgermeisterin distanziert" (Grünen-Stadträtin Martina Neubauer), überhaupt zugelassen wird. Eine Mehrheit im Gremium votierte dafür, die Restallianz aus WPS, BMS und FDP dagegen. Der Antrag wurde am Ende der Tagesordnung angefügt und knapp vier Stunden später auch behandelt. Es ergab sich eine wortreiche Auseinandersetzung.

John übertrug die Sitzungsleitung zur "Causa Kammerl" an ihren Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp mit dem Hinweis darauf, dass sie sich als Betroffene nicht an der Debatte beteiligen dürfe. Überraschenderweise verfolgte sie aber nicht die anschließende Diskussion, sondern verließ den Saal um 22.22 Uhr, überließ das Gremium sich selbst und tauchte bis zum Sitzungsende gegen Mitternacht auch nicht mehr auf. Das Gremium zeigte sich überrascht davon, dass man von der Entscheidung der Staatsanwaltschaft aus der örtlichen Presse erfahren hatte. Christine Lipovec (BMS) mutmaßte gar, die Presse habe "das Schreiben abgefangen". Eine Mitarbeiterin der Verwaltung verdeutlichte, dass John den Posteingang des Tages aufgrund vieler Termine noch nicht habe sichten können.

Starnberg Stadtrat

Stadträtin Angelika Kammerl.

(Foto: Georgine Treybal)

Klaus Huber (WPS) fragte, ob denn tatsächlich Strafanzeige gestellt worden sei, und argumentierte, man habe dem Hinweis Pickers aus Gründen der Strafvereitelung nachgehen müssen. Anton Summer (BMS) wollte den Antrag vertagen, Iris Ziebart (FDP) die Angelegenheit gar nicht behandeln. Das personell reduzierte Gremium beschloss mit zuletzt 16:6 Stimmen den Antrag in der Hoffnung, dass die Angelegenheit beendet und Angelika Kammerl damit rehabilitiert ist.

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