Starnberg:Sozialkaufhaus in Gefahr

Die Bundesregierung will bei den Ein-Euro-Jobs sparen. Nun befürchtet die Caritas, das Starnberger Sozialkaufhaus aufgeben zu müssen.

Wolfgang Prochaska

Es ist zwar erst eine Gesetzesvorlage aus dem Bundesministerium für Arbeit in Berlin. Aber gegen die mögliche Kürzung der Pauschalen für Ein-Euro-Jobs laufen die Wohlfahrtsverbände schon jetzt Sturm. Nicht ohne Grund: Denn sollte der Bundestag der Vorlage zustimmen, wird dies auch Auswirkungen für die Betreuung von Hartz-Empfängern haben - auch im Landkreis Starnberg. Gefährdet ist dann vor allem das Sozialkaufhaus, das die Caritas in Starnberg am Riedener Weg betreibt. Es dient zur Schulung und Qualifizierung von Hartz-IV-Empfängern.

Starnberg  Caritas-Sozialkaufhaus

Günstige Bekleidung gibt es im Starnberger Sozialkaufhaus: Das Foto zeigt dessen Leiter Norbert Neuenfeldt und seine Mitarbeiterin Anita Fichtl in der Textilabteilung.

(Foto: STA)

"Mit einer Pauschale von 150 statt 500 Euro können wir das Kaufhaus nicht halten", sagte der Starnberger Caritas-Geschäftsführer Max Gerl auf Anfrage. Durch den Zuschuss könne er zwei Sozialpädagoginnen halbtags beschäftigen, die sich um die Betreuung und die Schulung der schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen kümmern. "Bei 150 Euro ist das nicht mehr möglich."

Das wäre schade, denn der Erfolg dieser Starnberger Einrichtung kann sich sehen lassen. Von den 51 Hartz-IV-Empfängern und Euro-Jobbern, die 2009 für ein halbes Jahr dort gearbeitet haben - so lange dauert die Schulung beziehungsweise Qualifizierung - fanden immerhin fünf einen neuen, festen Job. Das sind nahezu zehn Prozent. Die Bilanz für 2010, so Gerl, werde ähnlich aussehen.

Gerl sieht in dem Sozialkaufhaus aber noch mehr. Es schaffe für Hartz-IV-Empfänger auch die Möglichkeit, dass sie unter Anleitung einer Arbeit nachgehen und damit ihr tägliches Umfeld verlassen können. "Arbeit ist Menschenrecht", betont Gerl. Zudem komme die Einrichtung drei Aufgaben nach: "Wir bieten Leuten vom Jobcenter sinnvolle Arbeit. Bei uns können Bedürftige günstig Möbel und andere Produkte kaufen und die Starnberger können ihre Inneneinrichtung uns kostenlos überlassen."

Seit drei Jahren betreibt die Caritas das Sozialkaufhaus, das einen Schulungsraum mit Laptop besitzt, so dass hier Arbeitslose ein Bewerbungstraining absolvieren oder sich für Kundengespräche vorbereiten können, wenn sie eine Stelle im Servicebereich bei einer Firma in Aussicht haben. Laut dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für Grundsicherung (Agas), Gerhart Schindler, gibt es im Landkreis derzeit 30 bis 35 Ein-Euro-Jobber. "Für viele Menschen sind diese Jobs der erste Schritt in den Arbeitsmarkt", weiß Schindler, der in der Vergangenheit das Projekt des Sozialamts "Hilfe zur Arbeit" geleitet hat, das 2005 den Hartz-Gesetzen zum Opfer fiel.

"Natürlich darf diese Arbeit nicht bestehende Beschäftigungsverhältnisse verdrängen", betont Schindler und zeigt Verständnis für die Initiative aus dem Arbeitsministerium. Für das Starnberger Sozialkaufhaus würde es "nicht rosig" aussehen. Gerl und Schindler hoffen aber, dass die Gesetzesvorlage vom Bundestag und Bundesrat noch modifiziert wird. "Da ist noch Luft drin", sagen sie unisono.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: