Starnberg:Mit Roadstar durch den Stau

Pilotprojekt in Starnberg: Navis der neuesten Generation senden Verkehrsdaten, um die Ampeln intelligent zu steuern

Peter Haacke

Den meisten Autofahrern bleibt Starnberg vor allem aus zwei Gründen in Erinnerung: Der Schönheit des Sees wegen - und aufgrund des zeitweise massenhaften Verkehrsaufkommens. Während sich die Einheimischen werktags längst an zähfließenden Verkehr gewöhnt haben, staunen Auswärtige an sonnigen Wochenenden immer wieder darüber, wie lange man sich doch bei Schrittgeschwindigkeit in der Kreisstadt aufhalten kann. Das soll anders werden: Die Stadt hat beschlossen, sich an einer Innovation zu beteiligen, die den Verkehrsstrom ab 2013 schneller durch Starnberg lotsen soll. Das Forschungsprojekt "ROadSTAr" schaltet die Ampeln so, dass stets der bestmögliche Verkehrsfluss gewährleistet ist. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München und der Firma TomTom, führender Hersteller von Navigationsgeräten, hat die Münchner Software-Schmiede Gevas ein hochkomplexes, dynamisches System entwickelt, das in Starnberg, aber auch in Rosenheim, erprobt und weiterentwickelt werden soll. Beide Städte haben - quasi als Voraussetzung für den Probelauf - erhebliche Verkehrsprobleme. Doch während Rosenheim (Kfz-Kennzeichen "RO") ein Strategiemanagement für Alternativrouten sucht, geht es in Starnberg ("STA") mangels Umfahrungsmöglichkeiten nur um eine intelligentere Ampelsteuerung. In technischer Hinsicht benötigt das Projekt einen steten Datenabgleich. Zwingend erforderlich sind dafür Autofahrer, die ein Gerät der neuesten Generation des kooperierenden Navigationsgeräteherstellers TomTom an Bord haben - und dazu einen Extra-Dienst für "dynamische Navigation" abonnieren. Das Gerät empfängt dann nicht nur, sondern sendet auch Daten an einen Server, der aufgrund der Informationen die jeweilige Verkehrslage im Fünf-Minuten-Takt interpretiert. Aufgrund der Geschwindigkeit des sendenden Fahrzeugs etwa ist das System in der Lage, auch unter Verwendung "historischer", also bereits vorliegender Daten Rückschlüsse auf die aktuelle Zahl von Autos oder besondere Verkehrsereignisse zu ziehen. Nutznießer der Erkenntnisse aus den "genetischen Algorithmen", einem aufwendigen Rechenprozess, sind aber nicht nur TomTom-Besitzer, die eine Umfahrungsempfehlung erhalten, sondern alle Autofahrer: Ein Rechner, der bei der Polizei in Starnberg stehen könnte, passt die Schaltung von insgesamt zehn Ampeln den Verhältnissen an und soll derart den Verkehrsfluss optimieren. Herwig Wulffius, Gevas-Geschäftsführer, jedenfalls ist begeistert vom System. Bei einem ähnlich angelegten Großversuch zur "verkehrsadaptiven Netzsteuerung" namens "Travolution" in Ingolstadt hätten sich demnach 1600 Tonnen CO2 und 700 000 Liter Benzin einsparen lassen. Zudem verringerten sich die Stauzeiten durch die "Grüne Welle" um 21 Prozent, in Spitzenzeiten gar um bis zu 32 Prozent. Wulffius: "Der Einzelne hat sehr viel davon." Auch die Verkehrsexperten des Starnberger Landratsamts scheinen angetan zu sein von "ROadSTAr" und beteiligen sich voraussichtlich an den Gesamtkosten in Höhe von 1,1 Millionen Euro. 225 000 Euro davon müsste die Stadt Starnberg tragen - sofern auch Bayerns Staatsregierung und Rosenheim mitmachen. Hier steht eine Entscheidung noch aus. Eines aber ist klar: Autofahrern in Starnberg bliebe der tägliche Stau wohl in jedem Fall erhalten. Allerdings würde man fortan "verkehrsoptimiert" etwas schneller über die Straßen schleichen.

Tomtom

Das Navi an der Windschutzscheibe weiß, ob was vorwärts geht auf Starnbergs Straßen.

(Foto: oh)
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