Danke: Ein kleines und alltägliches Wort, das Lehrer nur selten am Ende des Unterrichts von ihren Schülern hören. Bei den jungen Flüchtlingen, die in vier Sonderklassen an der Berufsschule Starnberg gefördert werden, ist das hingegen schon fast die Norm. Ein neuer Jahrgang für Asylbewerber im Alter von 16 bis 21 Jahren hat gerade angefangen. Viele von ihnen wurden am ersten Schultag von ehrenamtlichen Helfern und Pflegefamilien begleitetet. Schon lange hatte sich der 16-jährige Ibrahimkhil aus Afghanistan auf diesen Tag gefreut. Lernen versteht der Jugendliche nicht als Pflicht, sondern als Chance. Eine Einstellung, die von den meisten jungen Flüchtlingen an der Berufsschule geteilt wird: "Wir erleben bei diesen Schülern eine ungemein hohe Motivation, und das macht es zu so einer Bereicherung, mit ihnen zu arbeiten", sagt die Fachbetreuerin Kristin Groß-Stolte.
Im Jahr 2014 hat die Lehrerin in Starnberg die ersten beiden Klassen für berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge etabliert. Ein neuer Jahrgang mit 40 jungen Menschen ist zu Beginn dieses Schuljahres hinzugekommen. Während eine Klasse ausschließlich aus Asylbewerbern besteht, gibt es in der anderen weitere Schüler mit Förderungsbedarf. Darunter befinden sich auch einige Migranten aus der EU, die als Jugendliche nach Deutschland gekommen sind. Sie müssen ihre Sprachkenntnisse weiter ausbauen, bevor sie in das Berufsleben einsteigen können. Umso wichtiger ist der Austausch zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund. "Hiervon können beide Seiten enorm profitieren", sagt Groß-Stolte. So sei es für Asylbewerber und andere junge Menschen aus dem Ausland am natürlichsten, die deutsche Sprache und Kultur im Kontakt mit Gleichaltrigen kennenzulernen. Gleichzeitig tue es auch manchem deutschen Schüler gut, junge Erwachsene kennenzulernen, die "aufgrund ihrer Lebenserfahrung eine gewaltige Lernbereitschaft mitbringen", glaubt Groß-Stolte.
Innerhalb von zwei Jahren können Asylbewerber an der Berufsschule all die Kompetenzen erwerben, die nötig sind, um eine Ausbildung zu beginnen. Im Vorbereitungsjahr an der Berufsschule steht zunächst der Erwerb der deutschen Sprache im Vordergrund, später kommen Mathematik und allgemeinbildende Fächer hinzu. Dazu gehören nicht nur Sozialkunde und Wirtschaft, sondern auch praxisnahe Erkenntnisse über Nahrungszubereitung oder Verhaltensregeln im Alltag. "Haben wir nicht schon mal über die deutsche Tugend der Pünktlichkeit gesprochen?", sagt Lena Grundler mit einem Augenzwinkern, als einer ihrer neuen Schüler zu spät kommt. Bei der Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache herrscht ein herzliches Klima, die Klasse lacht.
Im Berufsintegrationsjahr, das Asylbewerber nach dem ersten Jahr an der Berufsschule wahrnehmen können, werden persönliche Interessen und Fähigkeiten vertieft. Neben dem Unterricht geht es um fachliche Orientierung, die das Berufsförderungszentrum Weilheim vermittelt. Schon ab dem ersten Schuljahr gibt es die Möglichkeit, Praktika zu machen. Einige Flüchtlinge erhalten sogar direkt ein Ausbildungsangebot. So werden während des Jahres manchmal Plätze an der Berufsschule frei. Aktuell befinden sich nur wenige junge Asylbewerber auf den Wartelisten, für unbegleitete Flüchtlinge werden Notfallplätze reserviert. Vier Klassen sind der Berufsschule in Starnberg genehmigt worden, "und die ziehen wir mit aller Energie und allem Engagement durch", sagt Projektleiterin Groß-Stolte. Sollte sich die Anzahl berufsschulpflichtiger Flüchtlinge jedoch weiter erhöhen, muss die Regierung wohl bald neue Lösungen liefern.