Starnberg:Kuriose Patenschaft

Von Astrid Becker

Als Anton Schnellkopf 1964 die Initiative für eine U-Boot-Patenschaft ergriffen hatte, ahnte der Stadtrat wohl kaum, dass er damit fast seherische Fähigkeiten bewies. Denn damals - noch zu Zeiten des damaligen Bürgermeisters und späteren Landrats Rudolf Widmann - ging es darum, einerseits Ressentiments der Bürger gegen Uniformierte auszuräumen und andererseits Soldaten Beziehungen zum zivilen Leben zu ermöglichen.

Auch Starnbergs Lage am See bewies zumindest eine gewisse Affinität zu allem, was mit Schiffen, Booten und Wasser zu tun hat - auch wenn zwischen Meer und "Fünfseenpfütze", wie es Klaus Rieskamp in Eckernförde etwas flapsig formulierte, doch ein kleiner Unterschied besteht. Wenngleich: Der Starnberger See bringt es immerhin auf eine Maximaltiefe von knapp 128 Metern, in der Bucht vor Eckernförde, dort wo U 33 auf Tauchgang ging, sind es gerade einmal 20 bis 25 Meter. Ein Schlepper zieht so ein U-Boot dort aus dem sicheren Hafen und steht auch beim Anlanden wieder bereit - zumindest wenn starker Wind weht, der das etwa eine halbe Milliarde teure Schiff an den Pier drücken und beschädigen könnte.

Derzeit liegen in Eckernförde drei U-Boote, insgesamt verfügt die Bundesrepublik über sechs U-Boote, für die keine 100 Mann zur Verfügung stehen. Für manch einen in der Starnberger Delegation klingen diese Zahlen erschreckend wenig - angesichts der weltpolitischen Lage und den vielfältigen Aufgaben, die auch im U-Boot-Bereich anfallen: Friedenssicherung, Informationsbeschaffung, Aufklärung sind die Stichworte, die hier wieder fallen. Einsätze werden geprobt unter teils abenteuerlichen und auch gefährlichen Bedingungen. Wie in Eckernförde zu hören war, wird hier aus scheinbarem Spaß schon mal Ernst - dann nämlich, wenn der "Feind" U-Boot-Jagden probt und dabei durchaus auch mal zum Angriff übergeht. Kritisch wird es beispielsweise, wenn so ein U-Boot aufgetaucht ist: "Dann sind wir ein leichtes Ziel", sagt Kommandant Kai Nickelsdorf. Denn es dauert eine Weile, bis so ein Unterwasserschiff wieder in den Fluten versinken kann: etwa eine bis eineinhalb Stunden, bis die Technik den nächsten Tauchgang erlaubt.

Romantische Vorstellungen - wie gerne mit dem Seefahrertum verbunden - sind hier also fehl am Platz. Trotzdem versucht die Marine, sich zu öffnen, Transparenz zu zeigen und so Nachwuchs zu werben. Dazu gehören die Geschichten, die die Soldaten heute erzählen dürfen, Berichte von Einsätzen im Internet, große Sommerfeste, zu denen auch Angehörige und Freunde auf den Stützpunkt geladen werden oder eben auch Tauchgänge mit der Zivilbevölkerung. Wie sehr die Marine dennoch mit Ressentiments zu kämpfen hat, zeigt ein Satz, der in Eckernförde immer wieder fällt: "Ich traue mich draußen im Normalleben in Deutschland kaum zu sagen, dass ich beim Militär bin." Klingt ziemlich ähnlich wie die Begründung, warum einst überhaupt solche U-Boot-Patenschaften geschlossen wurden.

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