Starnberg:Kleine Deals am Bahnhof Nord

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Ein 23-jähriger Asylbewerber soll einem 14-Jährigen Marihuana in kleiner Menge verkauft haben. Das Gericht verhängt 15 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung

Von Christian Deussig, Starnberg

Der 14-jährige Schüler hatte mit einem etwas älteren Freund auf einer Bank am Bahnhof Starnberg Nord Marihuana geraucht. Das bemerkte aber ein Passant und verständigte die Polizei, die kurz darauf die Burschen erwischte. Es wurde später ein junger Mann ermittelt, der den Jugendlichen aus Gauting am 11. August vergangenen Jahres laut Anklage etwa ein Gramm des berauschenden Stoffes verkauft hatte. Es kam heraus, dass der 14-Jährige bereits einige Tage zuvor Cannabis beim selben Kleindealer für zehn Euro erworben hatte. Der bisher unbescholtene Asylbewerber, der kein Geständnis ablegte, wurde am Dienstag vom Schöffengericht Starnberg wegen Drogenverkaufs an Minderjährige zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der 23-jährige Angeklagte erklärte im Prozess, beim ersten Mal von einem der Jugendlichen am Bahnhof angesprochen worden zu sein. Der habe ihn gefragt, ob er "was zum Rauchen habe?" Das bestätigte der Gautinger in der Verhandlung. Der Zeuge gab auch an, die Handynummer des Angeklagten von einem anderen Freund erhalten und den Mann für das zweite Treffen am Bahnhof Nord angerufen zu haben. Nachdem das Kiffen aufgeflogen war, bekam der damals 14-Jährige großen Ärger mit seinem Vater. Dieser entdeckte die noch gespeicherte Nummer des mutmaßlichen Dealers im Handy seines Sohnes und erstattete Anzeige bei der Starnberger Polizei. Allerdings verriet der Schüler auch jetzt nicht vor Gericht, wer der Kumpel gewesen ist, der ihm die Kontaktnummer seinerzeit gegeben hatte.

Nicht nur das störte den Verteidiger. Er vermutete überdies, dass der Angeklagte mit einem "anderen dunkelhäutigen Mann" verwechselt worden ist. Zudem habe die Durchsuchung der Unterkunft des Verdächtigen nichts bewiesen. Deshalb forderte der Anwalt einen Freispruch oder zumindest weitere Ermittlungen. Das wurde aber von Gericht und Staatsanwalt als unbegründet abgelehnt. Ein Beamter der Kriminalpolizei hatte zuvor berichtet, dass das Whatsapp-Profilbild zur Telefonnummer im ausgewerteten Handy gepasst habe und die Identität des gesuchten Mannes eindeutig geklärt worden sei. Ebenso seien verdächtige Gespräche herausgefiltert worden, die für Drogengeschäfte und Verabredungen "typisch" seien, wie der Fahnder erläuterte.

Das Schöffengericht blieb mit seinem Strafmaß nur knapp unter dem Antrag des Anklägers. Richterin Brigitte Braun hatte "keine vernünftigen Zweifel" daran, dass sich die Deals am Bahnhof so abgespielt haben. Zwar seien nur geringe Mengen einer weichen Droge verkauft worden - allerdings an Jugendliche. Das Gericht geht davon aus, dass es sich um keine Einzelfälle gehandelt und der Angeklagte seine Handynummer weitergegeben habe, um sich "weitere Geschäft offen zu lassen". Ihm wurde aber zugute gehalten, bisher unbescholten gewesen zu sein und mit Praktika und Schulbesuchen fleißig und engagiert zu sein.

Der Verteidiger hatte gehofft, sein Mandant werde zumindest mit einer Bewährungsstrafe unter einem Jahr davon kommen. Denn so hätte er bessere Chancen im Asylverfahren. Der Angeklagte erklärte: "Es ist wichtig für mich, die Schule weitermachen zu dürfen, damit ich später eine Ausbildung anfangen kann." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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