Starnberg:Karg, und doch verführerisch

Antje Hanebeck und Max Weisthoff bestreiten mit ihren Bilder und Installationen die Ausstellung im Starnberger Kulturbahnhof

Von Katja Sebald, Starnberg

Mit der Architekturfotografin Antje Hanebeck und dem Bildhauer Max Weisthoff treffen in der aktuellen Ausstellung der Reihe "nah - fern" zwei Künstler, die beide in München leben, in der Provinz erstmals aufeinander. Gemeinsam bespielen sie die ehemalige Schalterhalle des historischen Bahnhofs in Starnberg auf minimalistische wie eindrückliche Weise.

Starnberg: nah und fern: Antje Hanebeck

Max Weisthoff hat eine Kette durch den Raum der "Nah und Fern"-Ausstellung gespannt.

(Foto: Nila Thiel)

Antje Hanebeck, Jahrgang 1968, studierte in den neunziger Jahren an der Akademie für Bildende Künste in München, wo sie im Anschluss einige Jahre lang die Studienwerkstatt für Fotografie leitete. Mit ihren Architekturfotografien, die nicht nur auf die übliche Hochglanzästhetik, sondern überhaupt auf eine dokumentarische Herangehensweise verzichten, schafft sie vom Motiv nahezu unabhängige, zuweilen beinahe abstrakt erscheinende Bildkompositionen. Selbst die Bildtitel geben oft nur kryptische Hinweise auf die Gebäude, die die Fotografin in ihren Bildern gleichsam auflöst. Ihre Schwarz-Weiß-Aufnahmen entstehen in einer Kombination von analogen und digitalen Verfahren und bestechen durch ihre grafische, zugleich aber wie weichgezeichnete Anmutung. In Starnberg zeigt Hanebeck einen Teil einer Bildserie, für die sie Zaha Hadids "Chanel Mobile Art-Pavillon" 2011 an seinem letzten Aufstellungsort vor dem "Institut du Monde Arabe" in Paris fotografierte. An der gegenüberliegenden Wand sind Fotos von Jacques Tatis' "Villa Arpel" zu sehen, genauer gesagt vom Modell der Filmvilla, wie es vor einigen Jahren in einer Ausstellung des Architekturmuseums der TU München zu sehen war.

Die stille und zurückhaltende Ästhetik dieser Bildanordnungen durchschneidet Max Weisthoff in einer martialischen Diagonale mit seiner Installation "Kette", für die er eine alte Ankerkette über zwei in den oberen Raumecken angebrachte Winden laufen und darunter über den Boden schleifen lässt. Jedes Mal, wenn eines der Kettenglieder der über sechzig Kilo schweren Stahlkette in eines der Profile einrastet, entsteht ein lautes metallisches Knacken, das sich daraus ergebende monotone Rattern lässt die Holzeinbauten der Bahnhofshalle vibrieren und macht Gespräche beinahe unmöglich.

Starnberg: nah und fern: Antje Hanebeck

Antje Hanebeck hat Gebäude für die Schau im Starnberger Kulturbahnhof fotografiert.

(Foto: Nila Thiel)

Auf dem Fußboden wird das Aufschlagen der Kette von Gummimatten gedämpft. Gerade diese Schutzmaßnahme aber lässt sie noch bedrohlicher erscheinen. Und als ob das noch nicht genug wäre, hängt am rückwärtigen Ausgang, beinahe wie zufällig dort vergessen, eine Art Korsage, die aus einem besonders abstrusen Sadomaso-Kabinett stammen könnte. Der 1988 geborene Weisthoff, der bei Olaf Metzel an der Münchner Akademie studiert, hat diese Installation mit dem Titel "Liebe Eva" zu einer Hommage an die deutsch-amerikanische Minimal-Künstlerin Eva Hesse gemacht, die während ihrer kurzen Schaffensphase enormes Aufsehen erregte. Auch Weisthoff hatte bereits im vergangenen Sommer im Fünfseenland Furore gemacht, als er in Dießen eine riesige Installation aus mehr als 2000 Fahrradschläuchen zeigte. An deren verstörende Materialwirkung knüpft er nun mit dem Korsagenobjekt an, für das er auch die aus den Schläuchen herausragenden Ventile verarbeitet hat.

Gemeinsam haben Hanebeck und Weisthoff eine kühne Rauminstallation in Schwarz, Grau und Weiß geschaffen, in der jedes architektonische Detail des baufälligen Bahnhofssaals hervortritt Trotz ihrer kargen Ästhetik ist diese Ausstellung verführerisch.

Die Ausstellung von Antje Hanebeck und Max Weisthoff ist noch bis zum 16. Juli 2017 jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen.

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