Fünfseen-Kinderfilmfest:Josef, Maria und Noel

Szene aus Weihnachtsgeschichte

Römer sind nie schöner: Josef, Maria, Noel und die Besatzer.

(Foto: FSFF)

Zum Abschluss zeigt das Kinderfilmfest die "Weihnachtsgeschichte" der Augsburger Puppenkiste als Film. Tiere spielen darin eine wichtige Rolle

Von Gerhard Summer, Starnberg

Es soll Kinder gegeben haben, die bestanden auf einem Knopf an der Hose und aßen nur noch, wenn die Eltern den Löffel mit einem Keuchen heranfahren ließen, als wär' die gute alte Emma im Spiel. Ja, daran war Michael Ende schuld und die Augsburger Puppenkiste, die "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" zum Kultabenteuer machte. Ob die "Weihnachtsgeschichte" des Ensembles ähnliches Suchtpotenzial hat?

Nicht ganz. In Bethlehem kommen nun mal keine Piraten vor und keine Drachen, keine Prinzessin Li Si und kein Ping Pong, das wäre zu viel verlangt, allenfalls Lukas der Evangelist und brutale römische Dösbaddel. Aber es gibt einen schusseligen Erzengel, ein kluges Kamel und das Wollknäuel Noel, das so herzerweichend "iah" sagen und außerdem singen und reimen kann. Und deshalb wäre es gar nicht erstaunlich, wenn sich auf dem Wunschzettel etlicher Kinder heuer ein kleiner Stoffesel fände. Zumal die Inszenierung im Unterschied zu "Urmel aus dem Eis", "Kleiner König Kalle Wirsch" oder eben "Jim Knopf" Ende dieser Woche als Film im Kino anläuft. Was in Zeiten von 3D und ausgetüftelten Special Effects natürlich ein Abenteuer für die puristisch auf Lowest-Tech-Niveau arbeitenden Augsburger ist. Aber es scheint sich auszuzahlen, dass Produzent Fred Steinbach und Klaus Marschall, der Chef der Bühne, diese Wagnis eingingen. Denn die "Weihnachtsgeschichte", die am Sonntag beim Fünfseen-Kinderfilmfest Weltpremiere hatte, wird in Lichtspielhäusern von Flensburg bis Wien zu sehen sein. "Fast 300 Kopien werden in Deutschland an den Start gehen", sagte Vertriebschefin Veronika Morawetz, die mit Noel, Marschall und Steinbach ins Starnberger Breitwand gekommen war.

Film? Klar, das ist ein wenig übertrieben. Im Endeffekt geht Steinbach wie bei den Fernsehsendungen vor und hält die Kamera drauf, wenn das Ensemble spielt. Sobald sich der Vorhang im Marionettentheater schließt, zeigt er die Besucher im abgedunkelten Theater. Was ein sehr merkwürdiger Einfall ist: Die Zuschauer im Kino schauen dann also auf die Zuschauer in Augsburg - und einige Kinder bei der Starnberger Premiere dachten jedesmal, dass die Vorstellung jetzt zu Ende ist.

Ansonsten kann man nichts falsch machen, wenn man eine Aufführung der Puppenkiste zeigt. Denn auch die Weihnachtsgeschichte hat den zutiefst humanistischen Geist, der die Aufführungen der Augsburger prägt, kommt mit viel Gespür für feinen Witz daher, mit stimmigen Details, märchenhaft schön stilisiertem Bühnenbild und putzigen perspektivischen Lösungen. Engel Gabriel verbreitet allenfalls bei seinen verpatzten Landungen auf der Erde unter den Hühnern Schrecken. Die Tiere sind durchaus klüger als die Menschen. Gott kann sehr wohl auch Allah heißen. Und wenn Maria und Josef nach der strapaziösen Reise durch die Wüste erschöpft in Bethlehem ankommen, neigt auch eine Palme müde ihr Köpfchen.

Nein, die Puppenkiste rüttelt nicht an den Grundfesten der frohen Botschaft, sie rührt auch mitnichten an der unbefleckten Empfängnis. Aber sie streut ab und an ein paar erstaunliche Dinge ein. Die drei Astronomen oder Mathematiker, die Heiligen Könige, schauen beispielsweise auf das glitzernde Sternbild des Esels. Und Maria kommt eher naiv daher. Von den Wehen habe ihr der Engel nichts gesagt, meint sie zum Esel. Ob sie nachträglich noch nein sagen könne? Am Ende singen die Tiere und Gabriel "Stille Nacht", das Weihnachtslied aus dem 19. Jahrhundert. Und irgendwie passt das schon, denn Esel, Ochs und Kamel sind den Menschen einfach voraus.

Im Starnberger Kino Breitwand am 27. November, in Gauting am 4. Dezember.

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