Starnberg:Im Pilzparadies

Dank der vielen Regenfälle im August wachsen heuer besonders viele Schwammerl, Parasol und Täublinge im Fünfseenland. Aber nur zwei Kilo pro Tag dürfen laut Artenschutzverordnung gesammelt werden

Von Armin Greune, Starnberg

Mögen andere über den verregneten August schimpfen - aus Sicht der Pilzfreunde ist das Sommerwetter bislang optimal ausgefallen. Folglich sprießen aus den gut durchfeuchteten Waldböden im Fünfseenland derzeit besonders viele Fruchtkörper und versprechen reiche Ernte. Das Starnberger Landratsamt weist allerdings darauf hin, dass Pilze zu den besonders geschützten Arten zählen, weil sie - etwa als Symbiosepartner von Bäumen - eine wichtige ökologische Rolle im Wald einnehmen. Schwammerl dürfen deshalb nur in geringen Mengen für den eigenen Bedarf gesammelt werden. Als Höchstgrenze setzt die Bundesartenschutzverordnung zwei Kilogramm pro Tag fest, gewerbliche Sammler ohne Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde müssen mit empfindlichen Bußgeldern rechnen.

Perlpilz und Edelreizker, Täublinge und Parasol: Eine ganze Reihe von Speisepilzen hat jetzt Saison. Die kulinarisch besonders geschätzten Sommersteinpilze sind freilich fast schon wieder verschwunden. Doch andere Röhrlinge (sie tragen keine Lamellen, sondern schwammartiges Futter an der Hutunterseite) lassen sich zwischen Forstenrieder Park und Bayerdießener Forst reichlich finden. Maronenröhrlinge können aber immer noch eine hohe radioaktive Belastung aufweisen und Hexenröhrlinge werden erst durch längeres Kochen genießbar: Experten empfehlen daher grundsätzlich, Wildpilze 15 Minuten lang bei 80 Grad zu garen.

Sehr häufig sind heuer auch Gallenröhrlinge, die mit Stein- oder Birkenpilzen verwechselt werden können, sagt Renate Grünert. Die Gilchingerin betreut im Wechsel mit ihren Freunden vom Verein für Pilzkunde die Pilzberatung in München. Heuer sind dort noch keine Pilzvergiftungen bekannt geworden - vielleicht weil gefährliche Arten wie Rauköpfe und Knollenblätterpilze erst nach den ersten kalten Nächten erscheinen, meint Grünert. Doch in der Pilzberatung komme es immer wieder vor, dass unerfahrene Sammler tödlich giftige Knollenblätterpilze aus dem Korb ziehen. Der "Genuss" des bitteren Gallenröhrlings ist nicht riskant, aber schon ein kleines Exemplar kann ein ganzes Pilzgericht verderben. Die Art ist am rosa Futter zu erkennen - vor allem aber bei einer Geschmacksprobe: Ein winziges Stück auf der Zunge reicht aus.

Grünert selbst ist eher mit der Kamera als mit dem Korb im Wald unterwegs. Als Mykologin gilt ihr besonderes Interesse einer speziellen Pilzgattung, den Haarschleierlingen. Zu ihnen gehört etwa der Lila Dickfuß, ein derzeit auch im Fünfseenland zu findender, besonders farbenprächtiger aber schwach giftiger Pilz. Unter den essbaren Schwammerln lobt die Kennerin das "hervorragende Aroma" der Schopftintlinge: Sie wachsen von September an in Parks oder Gärten und können dabei auch schon mal eine Asphaltdecke durchstoßen. Weil sich die Lamellen rasch in schwarzes Mus verwandeln, sind nur junge, frische Exemplare eine Delikatesse.

Pilzkundler führen den Artenrückgang in unseren Wäldern nicht auf Schwammerlsucher zurück, sondern auf Schadstoffeinträge ins Ökosystem sowie die Bodenverdichtung durch immer schwerere Forstmaschinen. Denn der Pilz ist eigentlich ein feines Gespinst, das unterirdisch wächst und die Größe eines halben Fußballfeldes erreichen kann. Was Schwammerlsucher ernten, sind nur die Fruchtkörper, die Sporen tragen. Studien zeigen, dass selbst die begehrtesten Speisepilzarten auf Dauer nicht gefährdet sind, wenn sie mit Maß gesammelt werden, sagt Grünert. Erfahrene Schwammerljäger vermeiden Verletzungen des unterirdischen Gewebes. Zu kleine, überalterte Exemplare soll man stehen lassen - ebenso giftige und unbekannte Arten. Zur Bestimmung daheim mit einem Buch oder in einer Beratungsstelle reichen ein oder zwei Stück derselben Art, die im Ganzen drehend aus dem Waldboden gelöst wurden. Die Beratungen finden jeden Montag im Rathaus am Münchner Marienplatz (10 bis 13 Uhr und 16.30 bis 18 Uhr) sowie im Pasinger Rathaus (8.30 bis 11.30 Uhr, Zimmer 183) statt.

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