Einsätze auf den Seen:Im kalten Wasser geht es um Minuten

Begegnung der ungleichen Art

Eine Fahrt über den See kann gefährlich sein, besonders bei den derzeit noch niedrigen Wassertemperaturen.

(Foto: Fuchs)

Rettungskräfte empfehlen Neoprenanzüge und Schwimmwesten - Sonst kann Kentern gefährlich werden

Von Ute Pröttel, Starnberg

Mit den Regatten am Wochenende auf dem Starnberger See ist die Wassersportsaison eröffnet. Bei Sonnenschein tummelten sich am Samstag Segler, Stand-up-Paddler und Ruderboote. Der See glitzerte verführerisch in Grün- und Türkistönen. Ein Idyll, solange niemand ins Wasser fällt. Die niedrigen Temperaturen zu Beginn der Saison würden unterschätzt, warnen Rettungskräfte. Ohne Schwimmweste oder Neoprenanzug auf den See zu gehen könne gefährlich sein.

Vor zehn Tagen retteten Stand-up-Paddler zwei Segler in der Stegener Bucht aus dem Ammersee. Die waren ohne Schwimmwesten, Neoprenanzug oder wasserdichtem Handy unterwegs. 150 Meter vom Ufer entfernt kentern sie und schaffen es nicht, ihr Boot wieder aufzurichten. Bei acht Grad Celsius im Wasser hatten sie nicht mehr viel Zeit. "Bei den aktuellen Wassertemperaturen gehen selbst guten Sportlern innerhalb von wenigen Minuten die Kräfte aus. Die Muskulatur verkrampft, jede Bewegung wird schwierig", erklärt W alter Kohlenz von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) in Starnberg.

Anfang März leitete er den ersten großen Einsatz diesen Jahres am Starnberger See. Vier Ruderer waren auf der Höhe des Restaurants Undosa gekentert, das Boot untergegangen. Per Handy konnten sie einen Notruf absetzen. Nur 15 Minuten dauerte es bis die Retter da waren. Lediglich einer der Sportler trug einen Neoprenanzug, alle vier waren erheblich unterkühlt.

Seit Sonntag sind die Wasserrettungsstationen im Fünfseenland wieder jedes Wochenende und an den Feiertagen besetzt. Dieses Wochenende blieb es noch ruhig. Die Retter von der DLRG eröffneten die Wachsaison mit einem Ausbildungstag für die Wasserretter. Die Rettung aus kaltem Wasser ist dabei eine besondere Herausforderung.

Der menschliche Körper verliert im kalten Wasser etwa 30 Mal schneller Wärme als an der Luft. Mehr als 50 Prozent des Wärmeverlustes erfolgt über den Kopf. Eine Kopfbedeckung ist also dringend ratsam. Einer der größten Fehler ist zu denken, man könne noch an Land schwimmen, warnt Kohlenz. Je kälter das Wasser ist, desto kürzer und schneller würden die Schwimmstöße. Der Körper stehe oft aufrecht im Wasser, was die Schwimmbewegung weniger effizient mache. Schon nach wenigen Metern gehe dann die Kraft aus. Wer unvermittelt ins kalte Wasser falle, erleide in der Regel einen Kälteschock. Das sei eine Reaktion auf das Eintauchen in kaltes Wasser. Einem unfreiwilligen Atemzug folge Hyperventilation und Orientierungslosigkeit. Es könne auch zu einem plötzlichen Reflex kommen, bei dem der Luftweg durch ein Muskelspasma verschlossen werde, damit kein Wasser in die Lunge eindringen kann, allerdings sei damit auch der Luft der Weg verschlossen. Fachleute nennen das "trockenen Ertrinken".

Walter Kohlenz empfiehlt, zu jeder Zeit dem Wetter angepasste Kleidung zu tragen, denn auch Wind und Regen kühlen schnell aus. Ginge es nach ihm, sollte jeder Wassersportler eine Rettungsweste, einen Neoprenanzug und ein wasserdichtes Handy dabei haben. Für Ruderer gibt es beispielsweise Schwimmwesten, die erst aufgeblasen werden, wenn sie mit Wasser in Kontakt kommen. Und wenn es kein kompletter Neoprenanzug sein soll, so empfiehlt Kohlenz eine Weste oder ein T-Shirt. Für hilfreich hält er auch eine Trillerpfeife. Außerdem sollte man immer mindestens zu zweit unterwegs sein. Erst ab einer Wassertemperatur von 26,5 Grad bestehe keine Gefahr von Unterkühlung mehr. Eine Temperatur, die Gewässer im Fünfseenland selten erreichen.

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