Starnberg:Hungernde Räuber

Tierschützer bitten Bauern, ihre Stadel für Eulen zu öffnen, denn der Schnee macht ihnen die Mäusejagd fast unmöglich.

Armin Greune

Schleiereulen im Tierpark Hellabrunn, 2007

Die seltenen Schleiereulen könnten auch in Scheunen Beute finden, wenn man ihnen ein Schlupfloch lässt. Foto:Rumpf 

(Foto: Stephan Rumpf)

Die nunmehr dichte Schneedecke im Fünfseenland macht Greifvögeln und Eulen schwer zu schaffen: In der freien Natur kommen sie kaum mehr an ihre Hauptnahrungsquelle Mäuse heran. Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) bittet die Landwirte, ihre Feldstadel und Lagerhallen für die Raubvögel zugänglich zu machen: Wird in den Scheunen Getreide, Heu oder Stroh gelagert, sind dort stets Mäuse zu finden. Das wissen auch ihre Fressfeinde: Wenn man ihnen ein nur 20 Zentimeter durchmessendes Schlupfloch im Tor oder Giebel einräumt, kommen Eulen und Käuze zur Jagd hinein. Schon ein fehlender Dachziegel reiche aus.

Natürlich ersucht der LBV die Bauern, in diesem Fall kein Nagergift auszulegen. Tatsächlich habe ein Landwirt vor einigen Jahren in einer Scheune am Ampermoos eine tote Schleiereule vorgefunden, sagt Christian Niederbichler, Ramsar-Gebietsbetreuer für den Ammersee: "Der Mann war richtig traurig". Die Schleiereule gehöre im Fünfseenland zu den besonders seltenen Arten, weil dort ihre klimatische Verbreitungsgrenze verläuft. So ging nach zwei strengen Wintern in den Neunziger Jahren die Zahl der Brutpaare im Landkreis Starnberg von 40 auf zwei zurück. Dabei vermag eine Schleiereule Mäusefiepen sogar noch durch eine 50 Zentimeter dicke Schneeschicht zielgenau zu orten - aber nur, solange es sich um lockeren Pulverschnee handelt. "Wenn aber die Temperatur über die Nullmarke steigt, bekommen sie Probleme", sagt Niederbichler: Eisschichten brechen die Töne so, dass die Schleiereule ihre Beute verfehlt und beim fehlgeschlagenen Angriff wichtige Energiereserven aufbraucht. Paradoxerweise stellt also gerade zwischenzeitliches Tauwetter wie am Montag eine besondere Gefahr für Eulen dar. "Auch kleinere Arten wie der Waldkauz leiden unter Harsch, dann reicht ihre Kraft nicht, die Schneeschicht zu durchstoßen". Waldkäuze stellten die häufigste Eulenart im Fünfseenland dar, gefolgt von den Waldohreulen - beide Populationen hätten seien zuletzt im strengen Winter 2005/2006 fast zusammengebrochen. Viel seltener seien Rauhfuß- und Sperlingskäuze, die in den Wäldern auf den Höhenrücken im Fünfseenland leben - und so kaum von einer Öffnung der Feldstadel profitieren könnten. Um die wenigen und streng geschützten Uhus müssten sich die Naturschützer im Winter kaum kümmern: Sie erlegen größere Beutetiere als Mäuse und könnten sogar ausnahmsweise auf Käuze ausweichen, weiß Niederbichler.

Mehr müsse man sich derzeit um die eigentlich weit verbreiteten Mäusebussarde und Turmfalken sorgen. Sie gehen nun an vom Streusalz freigelegten Straßenrändern auf die Jagd. "Vor allem auf den Mittelstreifen der Autobahnen haben sich Mäusekolonien niedergelassen, die Raubvögel anziehen ", sagt Niederbichler. Mit Beute in den Fängen seien Falken und Bussarde nur begrenzt manövrierfähig und würden häufig Opfer des Straßenverkehrs: "Oft sieh man jetzt man auf der kurzen Fahrt nach München gleich zwei oder drei überfahrene Raubvögel".

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