Starnberg:Hohe Mieten vertreiben Köche

Tinos Cool Food bietet auch Möbel; Tinos Cool Food bietet Essen und edle Accessoires

Tino von Gleichenstein sieht in bezahlbarem Wohnraum einen Ausweg aus dem Fachkräftemangel.

(Foto: F.X. Fuchs)

Gastronomische Betriebe im Landkreis finden nur schwer Fachkräfte

Von Astrid Becker, Starnberg

Die junge Frau hätte gern noch länger für das Hotel Kaiserin Elisabeth in Feldafing gearbeitet. Doch dann kündigte der Vermieter ihr die Wohnung. Der Grund: Die Nachbarn fühlten sich von der Dame gestört, weil sie nachts, direkt nach ihrer Arbeit, noch geduscht hat. Die Kellnerin gibt daraufhin ihren Job auf. Weil sie hier, im Landkreis Starnberg, keine bezahlbare Wohnung mehr findet. Für ihren Arbeitgeber bedeutet das extremen Stress: Denn er muss damit rechnen, keinen Ersatz mehr für die junge Frau zu finden. Zumindest keine Service-Fachkraft mehr.

So beschreibt Tino von Gleichenstein vom hiesigen Hotel- und Gaststättenverband (BHG) das Dilemma, in dem sich die Gastroszene im Landkreis Starnberg befindet: den Fachkräftemangel, der durch den knappen und teuren Wohnraum hierzulande noch weiter verschärft wird. Von den etwa 300 Betrieben im Kreis würde wohl jeder mindestens eine oder zwei Stellen schaffen, schätzt Gleichenstein. Ihm zufolge werden heuer etwa 150 Stellen unbesetzt bleiben, am schwierigsten seien diejenigen zu besetzen, die im "mittleren Segment" der Hierarchie eines gastronomischen Betriebs anzusiedeln sind: Erfahrenere Köche zum Beispiel oder Chefs de Rang, also sogenannte Zahlkellner, die auch über eine gewisse Personal- beziehungsweise Finanzverantwortung verfügen. Das seien Menschen, die "vielleicht mit 1600, 1700 Euro nach Hause gehen." Wenn sie dann mindestens 800 Euro oder mehr für eine Wohnung ausgeben müssten, könnten sie sich nicht mehr viel anderes leisten: ein Auto etwa oder einen Urlaub. Das schrecke viele ab, im Kreis einen Job anzunehmen. Es sei sogar so "absurd" geworden, dass viele lieber in München arbeiteten, "weil es dort noch billigere Wohnungen" gebe als am teuren Starnberger See.

Auch die BHG-Kreisvorsitzende Claudia Aumiller äußert sich ähnlich - zumindest wenn es um den Mangel an bezahlbaren Wohnraum geht. Der Markt, so sagt sie, müsse dringend bereinigt werden - und zwar, weil zunehmend mehr Menschen Wohnungen oder Zimmer nur mehr kurzfristig vermieteten - über Anbieter wie "AirBnB" beispielsweise. Tatsächlich werden dort, wenn man die entsprechende Internetseite aufruft, allein am Starnberger See etwa 300 Unterkünfte angeboten. Wenn diese auf dem freien Wohnungsmarkt zur Verfügung stünden, wäre der Gastronomie geholfen, meint Claudia Aumiller. Denn auch sie sieht in der Unterbringung von Angestellten das größte Problem. Denn insgesamt mag sie nicht ganz so schwarz für die Zukunft sehen wie ihr Stellvertreter. Immerhin hätten sich im Landkreis heuer mehr junge Menschen für eine Ausbildung in der Hotellerie und Gastronomie entschieden. 2016 konnten 105 Stellen besetzt werden, in diesem Jahr waren es bereits 110: "Das entspricht einem Plus von 5,7 Prozent."

Ob die jungen Leute dann aber der Branche treubleiben, ist damit nicht gesagt. Aktuellen Prognosen im sogenannten Fachkräftemonitor der bayerischen Industrie- und Handelskammer zufolge werden in zehn Jahren 8000 Stellen im bayerischen Hotel- und Gastgewerbe nicht mehr besetzt werden können, vier Mal so viele wie derzeit. Tourismusverbände und Branchenkenner sehen einer Pressemitteilung zufolge nur einen Ausweg aus dem Dilemma: Hoteliers und Wirte sollen mehr Geld in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren. Am knappen und daher teuren Wohnungsangebot im Landkreis dürfte dies aber so schnell nichts ändern.

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