Starnberg:Gezwitscher im Klinikum

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Liebt die Vögel: Hans Werner bei seinem Vortrag in Starnberg. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Vogelstimmen-Imitator Hans Werner begeistert seine Fans

Von Sylvia Böhm-Haimer, Starnberg

Hans Werner ist ein "Vogelflüsterer". Es fiel ihm von jeher leicht, sogar die feinsten Nuancen von Vogelstimmen nachzuahmen. Der Hobby-Ornithologe aus Höhenrain kann singen, zwitschern, balzen, tirilieren und kann jeden Lock- und Warnruf naturgetreu imitieren. Und deshalb ist es schon vorgekommen, dass Werner bei seinen Naturwanderungen von einem Specht bis an die Reviergrenze verfolgt wurde, weil das Männchen dachte, es habe einen Rivalen vor sich. Und da nicht einmal die Tiere selbst merken, dass sie durch menschliches Gezwitscher angelockt werden, kommen sie oft sehr nah an Werner heran, wenn er mit seinem Fotoapparat auf der Lauer liegt.

Heraus gekommen sind dabei wunderschöne Fotos, mit denen er seine Vorträge untermalt. Bis zu 70 Vorträge pro Jahr hat er früher gehalten. Mit seinen nunmehr 80 Jahren lässt er es aber ruhiger angehen. Ins Klinikum Starnberg aber komme er noch immer gerne, sagt er. Seit es die Kulturveranstaltungen im Klinikum gibt, zu denen Günter Leibig von der Patientenbetreuung regelmäßig einlädt, mit dem Ziel Gesunde und Kranke zusammenzubringen und Kleinkunst in Starnberg zu etablieren, ist Werner dort mehrmals pro Jahr zu Gast. Mit seinen von Fotos und Vogelgezwitscher untermalten Vorträgen hat er sich dort einen festen Besucherstamm und Fanclub aufgebaut. Trotz Urlaubszeit war sein Vortrag "Das Jahr mit den Spechten" am Mittwoch gut besucht.

Schon als Kind hat sich der Höhenrainer für Vögel interessiert, seit seinem 16. Lebensjahr ist er Mitglied beim Landesbund für Vogelschutz. Während seiner regelmäßigen Wanderungen am frühen Morgen durch das Seeholz am Ammersee seien ihm oft "wahre Glücksmomente" beschert worden. Er konnte ganz seltene Vögel anlocken und sie ganz nah vor die Linse seiner Kamera bekommen. "I red und pfeif, wia mir da Schnabel g'wachsen is", sagt Werner und führt dabei vor, wie sich die Rufe der einzelnen Spechte unterscheiden. Ob Bunt- oder Dreizehenspecht, Schwarz-, Grün- Grau- oder den seltenen Weißrückenspecht: Werner kennt sie alle. Der eigentliche Gesang des Spechts ist laut Werner aber das Trommeln. Jeder Specht habe seine eigene Frequenz, sagt er und führt dies ebenfalls vor. Werner erzählt aber nicht nur von seinen Erlebnissen mit den Spechten, sondern auch von denen mit den "Nachmietern". Wie bei den Menschen auch, herrsche akute Wohnungsnot bei den Höhlenbrütern, so Werner. Die Specht-Höhlen sind beliebt bei Waldkauz, Meisen und Staren, bei Marder oder Hermelin. Im Kampf um die Wohnungsnot versteht sich der Specht aber zu wehren. "Der ist wie ein Stemmeisen." Er habe schon einen Marder unter einer Höhle gefunden, den der Specht den Schädel eingeschlagen habe, erzählt der Vogelkundler. "Die Spechte sind die Zimmerer unter den Vögeln, die Schwalben die Maurer und die Raben die Professoren", sagt Werner und schwärmt von der Intelligenz der Rabenkrähe, die beispielsweise Nüsse auf die Straße legt, damit die Schale von vorbeifahrenden Autos geknackt wird oder einen Bussard vertreibt, um seinem Weibchen zu imponieren.

Andere Vögel legen sich laut Werner in einen Ameisenhaufen, um sich vom Gift bespritzen zu lassen, weil das gegen die Parasiten hilft. Der Vogelkundler führt vor, wie die Vögel zur Partnerwahl mit komplexen Strophen locken oder wie sie ihre Artgenossen mit einem typischen Gezwitscher vor Feinden warnen. An der Art des Gesangs erkenne man sogar, ob von einem Bussard Gefahr ausgeht, sagt Werner. Doch von Jahr zu Jahr werde die Artenvielfalt geringer, weil es immer weniger Insekten und Heuschrecken gebe, bedauert er und rät deshalb die Vögel ganzjährig zu füttern.

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© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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