Todesmarsch vor 70 Jahren durch Starnberg:Gegen das Vergessen

Gedenkzug an den Todesmarsch; Gedenken an den Dachauer Todesmarsch

80 Teilnehmer des Gedenkzugs wollen nicht wegschauen. Sie erinnerten am Sonntag an den Todesmarsch von vor 70 Jahren.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Starnberger erinnern an den Todesmarsch vor 70 Jahren.

Von sylvia böhm-haimerl

Vor 70 Jahren wurden 7000 Häftlinge aus dem KZ Dachau unter schärfster Bewachung durch das Würmtal bis Bad Tölz getrieben. Frühmorgens am 27. April 1945 machten diese gebeugten, dem Hungertod nahen Figuren auf ihrem Marsch ins Ungewisse Rast in Petersbrunn. Um an diesen Todesmarsch zu erinnern, gingen am Sonntag rund 80 Bürger, darunter Bürgermeisterin Eva John, die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Vertreter der Kirchen und Organisator Rainer Hange, die Strecke von Petersbrunn bis zum Landratsamt in Starnberg nach. Station machte der Gedenkzug auch an der Friedenskirche, die ein Abstecher vom historischen Weg war. "Sie wurden erschossen von ihren Peinigern oder starben am Wegesrand an Entkräftung", erinnerte Hange, Sprecher der Bürgerinitiative zur Erinnerung an den Todesmarsch. Es sei unbegreiflich, dass noch am 30. April in Bad Tölz Menschen von SS-Schergen hingerichtet worden seien, sagte er.

Die Mahnmale in Starnberg sind vom Künstler Walter Habdank geschaffen worden. Seinen Vater hätten die "unwahrscheinlich diabolischen Gräuel" des Holocausts sein Leben lang nie losgelassen, erzählte Pfarrer Johannes Habdank. Der Stein des Mahnmals in Petersbrunn wiegt acht Tonnen. "Er wird dennoch die Schwere des Schicksals dieser Menschen nicht aufwiegen können", betonte Habdank. Die sehr schwer lesbare Schrift auf dem Stein lasse die Mühen und Strapazen dieser Menschen erahnen, die qualvoll in Ketten gelegt durch das Würmtal getrieben wurden.

Der Gedenkzug unter dem Motto "Erinnern, Gedenken und Ermahnen" sollte vor allem die Erinnerung bei der jungen Generation lebendig halten, da nach 70 Jahren immer weniger Zeitzeugen über dieses schreckliche Ereignis berichten können. Eine Vertreterin der jungen Generation war Michaela Graf von der israelischen Kulturgemeinde München, die an die 6 Millionen Juden erinnerte, die starben "als der Wahnsinn die Welt regierte". Schüler des Gymnasiums Starnberg sowie der Mittelschule zitierten Zeitzeugen.

"Dieser Marsch ist ein Statement gegen das Vergessen und für die Freiheit", sagte John. Und obwohl man heute wisse, wohin das geführt habe, "wird weiter gehetzt, werden weiter Ängste geschürt gegen Überfremdung". Alle Redner riefen dazu auf, nicht mehr wegzusehen und verfolgte Menschen aus Ländern aufzunehmen, in denen der Terror regiert. "Wir dürfen nicht wegschauen, damals haben zu viele weggeschaut", sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

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