Starnberg:Gärtnern mit Bedacht

Gärtnern ohne Torf; Gärtnern ohne Torf

Vorbildlich ohne Torf garteln hier (v.li.) Anna Neppel, Christian Ufer, Jürgen Erhard, Gretl Ufer-Süskind, Josefine Anderer-Hirt und Myria Ufer.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auf dem Grundstück der Familie Ufer-Süskind an der Possenhofener Straße blüht und grünt es schon jetzt. Auch wenn sie umweltfreundlich pflanzt - das heißt: völlig ohne Torf

Von Helene Köck, Starnberg

Schon zu dieser Jahreszeit sieht das Grundstück der Familie Ufer-Süskind in der Possenhofener Straße in Starnberg prächtig und einladend aus - und ist gleichzeitig ein Paradebeispiel für umweltfreundliches Gärtnern. Hier findet das Pressegespräch zur Aktion "Gärtnern ohne Torf" statt, die der Landkreis vor drei Jahren ins Leben gerufen hat. Zwischen Alpenveilchen, Krokussen und dem ersten Bärlauch erklärt der Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, Jürgen Erhardt, pünktlich zum Pflanzstart, warum man der Umwelt zu Liebe beim Gärtnern auf Torf verzichten sollte.

Den wenigsten ist wohl bewusst, dass handelsübliche Blumenerde zu 80 bis 90 Prozent aus Torf aus Hochmooren besteht. Dabei ist Torf klimatechnisch eine höchst problematische Ressource. Er wird in Mooren abgebaut, die insgesamt nur drei Prozent der Landfläche der Erde ausmachen, aber mehr Kohlenstoffdioxid speichern als alle Wälder zusammen. Beim Torfabbau entweicht ein großer Teil des klimaschädlichen Gases in die Atmosphäre. "Hinzu kommt, dass der hier handelsübliche Torf lange Transportwege zurücklegen muss, weil die braune Masse hauptsächlich aus Russland oder dem Baltikum importiert wird", erläutert die Klimaschutzmanagerin Josefine Anderer-Hirt. Dass der industrielle Torfabbau in Bayern durch Landtagsbeschluss eingestellt ist, verlagert das Problem also nur. Außerdem sind Moore oft artenreiche Habitate und beherbergen seltene Spezies wie den fleischfressenden Sonnentau oder den Moorgelbling. Alles spricht also dafür, die Moore zu schützen.

Aber kann man denn einfach so auf Torf verzichten? "Es stimmt schon, dass sich Torf vor allem bei Zierpflanzen für eine günstige und konstante Nährstoffversorgung eignet", räumt Erhardt ein. Nährstoffe aus dem Boden kommen direkt bei der Pflanze an, weil der nährstoffarme Torf selbst keine Mineralien bindet. Aber das bedeutet keinesfalls, dass es nicht auch ohne die dunkle Masse ginge: "Im Blumenbeet oder Gemüsegarten braucht man absolut keine torfhaltige Erde". Der Garten der Familie Ufer-Süskind ist das beste Beispiel dafür. Dass seit ungefähr 60 Jahren Torf als "Wunderstoff" beim Gärtnern verwendet wird, ist eher eine Modererscheinung. Die Ufer-Süskinds betreiben die alt bewährte Kreislaufwirtschaft: Rasenschnitt, Laub, Gartenabfälle und Biomüll werden im Garten zu feinstem Humus kompostiert und können schon nach einem Jahr als nährstoffreiches Substrat auf den Gemüsebeeten verteilt werden. Bioabfall ist ein Wertstoff, so war es seit jeher.

Wer keinen Platz für einen Komposthaufen hat und Pflanzenerde kaufen muss, sollte auf der Hut sein: "Wenn man Erde kauft, muss man wirklich genau hinschauen. Auf das Label ,torfreduziert' darf man nichts geben und selbst Bioerde enthält oft einen hohen Anteil Torf", erklärt Erhardt. Die meisten Gartencenter und Baumärkte bieten mittlerweile torffreie Erden an und in der Kompostieranlage Hadorf kann man sie als lose Ware erwerben. Auch Josefine Anderer-Hirt will Hobbygärtner wieder ermutigen, den Kreislaufgedanken umzusetzen: "Dazu braucht es eigentlich nur die Bereitschaft und eine bestimmte innere Haltung, dann ist es ganz simpel - und für Kinder ist es angewandte Biologie."

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