Starnberg:Für ein Leben ohne Sucht

Starnberg Condrobs

Matthias Taube leitet die Condrops-Suchtberatungsstelle in Starnberg. Bei der 25-Jahr-Feier machte er deutlich, dass hinter jedem Suchtkranken statistisch fünf Angehörige stehen.

(Foto: Georgine Treybal)

Condrobs unterstützt seit 25 Jahren Betroffene und deren Angehörige im Landkreis. Anfangs negierte das Landratsamt den Bedarf, keiner wollte die Beratungsstelle in der Nachbarschaft. Heute sind alle voll des Lobes.

Von Manuela Warkocz, Starnberg

Der Vollrausch auf der Wiesn gilt als akzeptiert, an vielen Schule im Landkreis ist bei Jugendlichen Kiffen angesagt, und immer mehr ältere Menschen geraten durch Tabletten und Alkohol in eine Sucht, aus der sie allein nicht mehr herauskommen - in Starnberg hilft dabei die Suchtberatungsstelle Condrobs. Vor 25 Jahren holte die Einrichtung das Thema Sucht aus der Tabuzone. Was sich seitdem für Betroffene und Angehörige geändert hat und welche neuen Herausforderungen die Fachleute sehen, zeigte sich am Montag bei der 25-Jahr-Feier mit rund 100 Gästen.

Früher konnte man sich mit Suchtproblemen allenfalls an das Staatliche Gesundheitsamt in Starnberg wenden, das unterbesetzt und überfordert war. Daher fuhren Betroffene lieber zu Condrobs nach München. Als die Einrichtung, die vor 40 Jahren aus einer Elterninitiative entstanden ist, das Landratsamt um einen Zuschuss gebeten hat, beschwor die Behörde barsch die heile Landkreiswelt: "Es gibt keine Drogenabhängigen in Starnberg - und wenn, dann nennen Sie uns Namen", erinnerte sich der Condrobs- Mitbegründer und heutige Aufsichtsratsvorsitzende Alexander Eberth. Natürlich habe man keine Namen genannt. Denn bis heute sei man "eindeutig parteilich - immer für die Klienten".

Die fanden schließlich doch ab 1992 in Weßling einen geschützten Raum, betreut von fünf Mitarbeitern, "ausgerichtet auf Konsumenten illegaler Substanzen", schilderte Condrobs-Abteilungsleiter Stefan Wenger die Anfänge. In Starnberg habe keiner die Anlaufstelle in seiner Nachbarschaft haben wollen. Die Stigmatisierung legte sich. Inzwischen verfügt Condrobs über schöne, freundliche Räume ganz zentral in der Starnberger Hauptstraße 22 sowie eine Außenstelle in Gilching. 15 Mitarbeiter unterstützten 700 Klienten allein im vergangenen Jahr. 1100 Personen, darunter 450 Jugendliche und 750 Multiplikatoren wie Eltern, Lehrer und Fachkräfte nutzten das Projekt- und Fortbildungsangebot. Längst umfasst das Aufgabenspektrum unter dem Slogan "Condrobs. Wir helfen" neben Prävention in Kindergärten, Schulen und Jugendeinrichtungen und Therapievermittlung auch ambulante Rehabilitation, zwei heilpädagogische Wohngruppen und zahlreiche Angebote für Angehörige. "Wir gehen davon aus, dass hinter einem Betroffenen statistisch fünf Angehörige stehen", machte der Starnberger Einrichtungsleiter Matthias Taube die Dimension deutlich. Eng kooperiert Condrobs mit sozialen Trägern und Kliniken im Landkreis. So werden Mitarbeiter verständigt, wenn ein Jugendlicher mit Alkoholvergiftung stationär behandelt wird. War es ein einmaliger Ausrutscher oder steckt Suchtpotenzial dahinter? Das versuchen die Fachleute dann im Gespräch mit dem Jugendlichen und seinen Eltern festzustellen.

Das Angebot orientiert sich an gesellschaftlichen Erfordernissen. Die ändern sich laut Taube gerade durch die demografische Entwicklung. Es kommen mehr ältere hilfesuchende Menschen. Ruhestand, nachlassende Kräfte oder Trauer können Auslöser für eine Sucht sein. Seit 2014 gibt es daher die "Gruppe Mittendrin".

Stadt, Landkreis und der Bezirk Oberbayern wissen mittlerweile, wie wertvoll die fachkundige Arbeit der Suchthilfestelle ist. Die Zusammenarbeit funktioniere bestens, hieß es am Montag lobend von allen Seiten. Vor allem der große Einsatz aller Mitarbeiter fand Anerkennung. "Sie erreichen Jugendliche dort, wo sie stehen, ohne erhobenen Zeigefinger", rühmte Bürgermeisterin Eva John. Vize-Landrat Georg Scheitz würdigte das hochspezialisierte Team: "Hier werden Brücken gebaut in ein Leben ohne Sucht. Viele Schützlinge wären ohne Sie heute wohl nicht mehr am Leben." Condrobs ist auch aktiv bei der Betreuung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge und fördert Integration. Das kleine Theaterstück "Jowá zusammen? Leben!" machte unterhaltsam auf die Tücken aufmerksam, wenn unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen.

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