Starnberg:Feuerwehr schlägt Alarm

Brand in Starnberg

Im dichten Qualm brauchen die Einsatzkräfte Atemschutzmasken.

(Foto: Michael Berzl)

Starnberg müsste eigentlich über 114 Brandretter verfügen. Tatsächlich sind es nur 43, von denen tagsüber viele nicht einsatzbereit sind. Der neue Kommandant Markus Grasl will Mitarbeiter von Stadtverwaltung und Finanzamt werben.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Sie müssen 24 Stunden am Tag einsatzbereit und in höchstens zehn Minuten am Unglücksort sein: Für die acht Freiwilligen Feuerwehren in Starnberg ist die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben bei jedem Einsatz ein Drahtseilakt. Denn zumindest tagsüber sind sie unterbesetzt. Der im Januar gewählte Kommandant Markus Grasl will die Feuerwehr neu ausrichten, um auch für künftige Herausforderungen wie den B2-Tunnel und das Gewerbegebiet Schorn gerüstet zu sein. Er fordert einen Brandschutzbedarfsplan und ein Verkehrskonzepts.

Nach dem Feuerwehrgesetz müsste die Freiwillige Feuerwehr Starnberg über 114 Brandretter verfügen, sagt Grasl. Nach seinen Angaben sind es tatsächlich nur 43, von denen tagsüber aber viele etwa aus beruflichen Gründen nicht einsatzbereit sind. Bei Alarmen seien 24 Feuerwehrleute erforderlich. Neben zwei Feuerwehrdienstleistenden stünden jedoch nur städtische Mitarbeiter mit unterschiedlichem Ausbildungsstand zur Verfügung. Insbesondere an Atemschutzträgern mangelt es. Darüberhinaus verhindern Staus an der Haupt- sowie an der Hanfelder Straße oft, dass die Brandretter schnell zum Einsatzfahrzeug kommen. Die Folge ist, dass die Hilfsfristen nicht eingehalten werden können.

Zwar ist die Wehr laut Grasl technisch gut aufgestellt und für den Fall, dass mehrere Einsätze gleichzeitig stattfinden, gibt es sogar eine eigene Einsatzzentrale. Doch es sei kein Personalkonzept vorhanden, so der Kommandant. "Das hat man einfach schleifen lassen. Inzwischen sind die Zahlen fernab jeglicher Realität", erklärt Vize-Kommandant Max Maenner.

Kurzfristige Lösungswege wie etwa eine noch bessere Zusammenarbeit mit dem Betriebshof oder eine effektivere Dienstplanung sind möglich. Zudem will die Wehr Mitarbeiter von Behörden wie Stadtverwaltung, Finanzamt oder Rechtspflegeschule anwerben. Denn der öffentliche Dienst sei verpflichtet, seine Mitarbeiter für Einsätze freizustellen, so Grasl. Wenn nur ein bis fünf Prozent der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst mitmachten, wäre die Starnberger Wehr gut aufgestellt.

Die Fortbildung könnte an Wochentagen stattfinden, so dass die Ehrenamtlichen nicht ihr Wochenende opfern müssten. An den Schulen könnte durch eine Stunde Feuerwehr im Nachmittagsunterricht Nachwuchs gewonnen werden. Dafür müsste die Stadt jedoch Geld zur Verfügung stellen. Falls nicht genügend Aktive geworben werden können, müssten hauptamtliche Feuerwehrleute eingestellt werden. Grasl könnte sich auch eine Zusammenarbeit mehrerer Gemeinden vorstellen, etwa per Zweckverband.

Für ein Gesamtkonzept und die Koordinierung der Planungen ist jedoch eine detaillierte Bestandsaufnahme erforderlich. Einen Antrag auf einen Brandschutzbedarfsplan hat Stadtrat und Feuerwehrreferent Franz Heidinger (Bürgerliste) bereits im Januar gestellt. Er hofft, dass der Stadtrat schon bald ein Planungsbüro beauftragt. Darin sollen beispielsweise die Gerätehäuser überprüft, die Einhaltung der Hilfsfristen gemessen und ein bestimmter Ausstattungsstandard festgelegt werden. Auch die jeweilige Verkehrssituation bei den Einsätzen werde untersucht sowie eine Gefahren- und Risikoanalyse erstellt. "Das hätten wir in Starnberg schon lange gebraucht", erklärt Heidinger. Er rechnet allerdings mit rund zwei Jahren, bis ein Gutachten erstellt ist und umgesetzt werden kann. Insbesondere für größere Projekte wie Krankenhaus, Gewerbegebiet Schorn oder B2-Tunnel (für die Zeit während des Baus gibt es bislang kein Konzept), aber auch für die Standortplanungen zum neuen Feuerwehrhaus in Wangen sei diese Bedarfsplanung Voraussetzung. "Bislang ist aber offenbar wenig Wert darauf gelegt worden, das aufzuzeigen", betont Grasl. "Ich reagiere, bevor es kippt."

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