Starnberg:Erziehung à la Clint Eastwood

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Jedes Kind ist anders, sagt Rüdiger Reinhardt. Als Mitarbeiter der Familienberatungsstelle gibt er Eltern seit Jahrzehnten Erziehungstipps. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Rüdiger Reinhardt von der Familienberatungsstelle erklärt Eltern, dass sie bei Kindern mit Entschiedenheit weiter kommen

Von Annette Jäger, Starnberg

Mach es so ähnlich wie Clint Eastwood: Als supercooler Held aus den Spaghettiwestern hat er vor allem eines drauf: knappe Anweisungen geben, kein Geschwafel, nur Schweigen und Schauen - und das unerbittlich. "In der Haltung drückt sich Entschiedenheit aus", sagt Rüdiger Reinhardt, Psychologe und Mitarbeiter der Familienberatungsstelle Starnberg. Von dieser Seite des Westernhelden können sich Eltern offenbar eine Scheibe abschneiden, wenn sie erreichen wollen, dass der Nachwuchs den Schlafanzug anzieht oder sein Zimmer aufräumt. Meint jedenfalls Reinhardt bei seinen Tipps zur konsequenten Erziehung.

Seit mehr als vier Jahrzehnten ist die Familienberatung im Landratsamt Anlaufstelle für Menschen, die Unterstützung bei der Lösung ihrer familiären oder partnerschaftlichen Probleme brauchen. Mehr als 900 Familien suchen dort Jahr für Jahr Rat. Zudem bietet die Beratungsstelle Vorträge zu Erziehungsthemen an. Zwischen sechs und acht sind es pro Jahr, früher waren es noch mehr. "Damals gab es ja auch nur uns", sagt der Psychologe. Inzwischen ist das Beratungsangebot im Landkreis breiter geworden. Meist kommen zwischen zehn und 20 Zuhörer in die Beratungsstelle Starnberg. Manche Themen veralten nie: "Grenzen setzen" ist ein Dauerbrenner, Reinhardt berichtet zweimal im Jahr dazu und das seit 16 Jahren. Auch das Thema Pubertät kommt immer wieder auf die Agenda, mehr als früher boomt das Thema Trennung und Scheidung.

Dass die Kinder den Eltern oft auf der Nase herumtanzen, liegt auch an den modernen Familienstrukturen, sagt Reinhardt im Sitzkreis zu den Eltern. Nicht nur Mütter sitzen hier, auch zwei Väter haben sich eingefunden. Eine klare Rollenverteilung wie früher gibt es oft nicht mehr in der Familie. Eltern fühlen sich heute ewig jung, hören dieselbe Musik wie ihre Kinder und tragen Jeans. Statt Gehorsam wie früher wünschen sie sich vor allem Glück und Selbstverwirklichung für ihre Kinder. "Die Bedürfnisse des Kindes stehen im Mittelpunkt ", sagt Reinhardt - das Kind werde nicht selten zum Projekt der Eltern, das gefördert und verwöhnt wird. Abgrenzung sei da schwierig, die Kinder verhielten sich nicht selten wie Chefs im Familiengefüge. Eine gesunde Balance zwischen Strenge und Zuwendung sei das Rezept.

Dreh- und Angelpunkt einer konsequenten Erziehung ist die eigene Entschiedenheit, betont der Psychologe. Kinder hätten ein unglaubliches Gespür dafür, was Eltern wollen. Wenn diese unsicher sind, ob das Kind nun ins Bett soll oder nicht, wird das Kind mit Sicherheit nicht ins Bett gehen, weiß der Experte. Hier kommt Clint Eastwood ins Spiel - kein langes Gerede, präsent bleiben. In der Runde gibt es Fragen, vor allem zu Thema Schlafen. Die meisten Eltern wünschen sich eine klare Anwendungsformel für ihr Problem. Doch so einfach ist es nicht. Jedes Kind ist anders, das eine braucht mehr Regeln als das andere. Ein gutes Bauchgefühl in der Erziehung muss sein.

Der nächste Vortrag "Scheiden tut weh" findet am Mittwoch, 24. Juni, von 15.30 bis 17.30 Uhr statt. Dann geht es erst wieder im September weiter.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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