Starnberg:"Dieses Verhalten stellt eine Behördenwillkür dar"

Starnberg: Ulrike Hess ärgert sich über Strafzettel, die sie laufend an ihrer Praxis in der Maximilianstraße erhält. Die Stadt begründet dies mit Personalwechseln.

Ulrike Hess ärgert sich über Strafzettel, die sie laufend an ihrer Praxis in der Maximilianstraße erhält. Die Stadt begründet dies mit Personalwechseln.

(Foto: Arlet Ulfers)
  • Obwohl Ulrike Hess einen Behindertenausweis besitzt und ihn sichtbar im Auto angebracht hat, findet die Frau aus Starnberg laufend Strafzettel unter ihrem Scheibenwischer.
  • Zum sechsten Mal schon hat sie sich an das Ordnungsamt gewandt und Einspruch erhoben - immer erfolgreich. Nun will sie die Stadt anzeigen.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Ulrike Hess verliert allmählich die Geduld. Schon wieder hat die promovierte Pädagogin, die eine Praxis in der Starnberger Maximilianstraße betreibt, einen Strafzettel bekommen - und das nicht zum ersten Mal. Ulrike Hess ist behindert. Sie hat einen Ausweis, wonach sie kostenlos und unbefristet auf den gebührenpflichtigen Kurzzeit-Stellplätzen parken darf. Jedes Mal, wenn sie ihr Auto in der Maximilianstraße oder in der Ludwigsstraße parkt, hängt das Dokument deutlich sichtbar an der Sonnenblende ihres Autos. Dennoch wird das ignoriert und sie wird immer wieder aufgeschrieben, weil der Parkschein fehlt.

Zum sechsten Mal schon hat sich Hess an das Starnberger Ordnungsamt gewandt und Einspruch gegen die Strafzettel erhoben. Jedes Mal bekommt sie die gleiche Antwort. Die Mitarbeiter der kommunalen Verkehrsüberwachung behaupten, sie hätten ihren Ausweis nicht bemerkt. Hess beweist stets das Gegenteil. Sie lässt sich das Beweisfoto vorlegen und darauf ist jedes Mal das Papier mit dem Rollstuhlzeichen deutlich zu sehen. Natürlich nahm das Ordnungsamt die Knöllchen bislang immer zurück.

Die meisten Menschen mit Behinderung legen den Ausweis auf die Ablage auf der Fahrerseite. Für Ulrike Hess ist das unmöglich. Sie ist Contergan geschädigt. Ihre Arme sind nur ellbogenlang und daher kann sie die Ablage nicht erreichen. Darüber hinaus würde ihr der Ausweis an dieser Stelle die Sicht nehmen, weil er sich genau in ihrem Blickfeld in der Scheibe spiegelt.

Hess hat durchaus Verständnis dafür, dass die Mitarbeiter der kommunalen Verkehrsüberwachung den Parkausweis für Menschen mit Behinderung einmal übersehen können, weil sie ihn nicht an der Sonnenblende vermuten. Doch spätestens, wenn sie den Strafzettel unter den Scheibenwischer klemmen, müsste ihnen das hellblaue Dokument auffallen. Zudem sollte ihre Autonummer allmählich bekannt sein, sagt Hess.

"Normalerweise ist es so, dass die Behindertenausweise unten an der Windschutzscheibe im Auto, also dort wo man den Parkschein ablegen würde, befinden", erklärt die Sprecherin der Stadt, Lena Choi, das Problem. Das Ordnungsamt werde künftig die Mitarbeiter der kommunalen Verkehrsüberwachung verstärkt auf die Problematik hinweisen, so Choi, die sich im Namen der Stadt "in aller Form" bei Hess entschuldigen möchte.

Laut Hess gibt es jedoch keine Vorschriften, wo der Behindertenausweis im Auto liegen muss. Ihrer Meinung nach sollten das die Mitarbeiter während ihrer Ausbildung gelernt haben. Die Stadt könne sich nicht die Inklusion auf die Fahne schreiben und dann so handeln, moniert Hess, die sich insbesondere über die ständige Wiederholung des Problems ärgert. "Also, wenn schon penibel aufgeschrieben wird, so kann man doch erwarten, dass auch penibel die Windschutzscheibe fokussiert wird."

Hess kann die "verbale Leier" beim Ordnungsamt, wonach die Mitarbeiter überlastet seien und ständig wechseln, nicht nachvollziehen. "Ich habe nochmals recherchiert. Dieses Verhalten stellt eine Behördenwillkür dar und kann juristisch verfolgt werden." Sie hat sich fest vorgenommen Anzeige zu erstatten, sollte sie nochmals ein Knöllchen bekommen, weil sie keinen Parkschein gelöst hat.

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