Starnberg:Die SPD - der virtuelle Sieger

Starnberg Wahlplakate

In Wahlkampfzeiten wie im Frühling 2014 setzten Starnbergs Gruppierungen auf Plakatwerbung, doch nachhaltiger sind digitale Auftritte im Internet.

(Foto: Georgine Treybal)

Streifzug durchs Internet: Wie aktuell oder veraltet, modern oder verzopft sich die Homepages der Gruppen und Parteien ausnehmen, die im Stadtrat Starnberg vertreten sind

Von Peter Haacke, Starnberg

Politik ist ein öffentliches Geschäft: Wer Menschen nicht nur vor Wahlen überzeugen, sondern auch danach noch ernsthafte Ambitionen glaubhaft machen will, informiert aus erster Hand über jene Dinge, die politisch relevant sind - am besten auf einer eigenen Homepage im Internet, die wie geschaffen ist für eine gelungene Selbstdarstellung. Doch wie sieht es acht Monate nach den Stadtratsneuwahlen aus in der Kreisstadt Starnberg? Wie gut informieren die acht im Stadtrat vertretenen politischen Gruppierungen ihre Anhängerschaft, wie aktuell sind ihre Themen, wie ausgeprägt ist ihre Dialogfähigkeit? Die Starnberger SZ ging auf virtuellen Streifzug durch die kommunalpolitische Online-Szenerie und stellte erhebliche Qualitätsunterschiede in der digitalen Welt fest.

BMS

Eva John ist das Bündnis Mitte Starnberg, das Bündnis Mitte Starnberg ist Eva John: Mit ihrem "100-Prozent-Starnberg"-Programm zog das BMS - eine von den mittlerweile ausgeschlossenen CSU-Dissidenten Eva John und Josef Pfister 2012 gegründete Gruppierung - 2014 und 2015 in den Wahlkampf und sicherte sich im April mit 20,9 Prozent aller abgegebenen Stimmen trotz weitgehender programmatischer Sinnfreiheit den Löwenanteil bei den Stadtratsneuwahlen. Allein John machte den Unterschied. Auf der BMS-Homepage aber passierte nach dem Urnengang lange Zeit so gut wie gar nichts mehr. Immerhin: Der aktuelle Online-Auftritt wurde nach den Vorstandswahlen Ende November aufgepeppt, ein "Newsletter" zum Download verheißt aktuelle Infos. Unter "News" finden sich jedoch nur Links zu ausgewählten Beiträgen der Tagespresse und zur Homepage der Stadt - mit chronologischer Lücke zwischen März und November. Eine Terminvorschau weist auf Sitzungen der städtischen Gremien hin. Die Homepage wirkt insgesamt etwas beliebig zusammengestrickt, das politische Tagesgeschäft - insbesondere zu den "großen" Starnberger Themen - bleibt im virtuellen Raum des BMS außen vor. Und auf Facebook hat sich seit dem 20. April - also dem Tag nach der Neuwahl - gar nichts mehr getan beim Bündnis. Der letzte Kommentareintrag eines Besuchers lautet lapidar, aber durchaus richtig: "Die Seite erscheint mir seit der Stadtratswahl etwas verwaist."

www.mitte-starnberg.de

CSU

"Hier erfahren Sie mehr über das aktuelle politische Geschehen in Starnberg sowie über die Arbeit unseres Ortsverbandes", heißt es bei den Starnberger Christsozialen, die sich bei ihrem Online-Auftritt den strengen Vorgaben des Landesverbandes unterwirft. Wer bei Starnbergs zweitstärkster politischer Gruppe (19,8 Prozent) Aktuelles aus der Stadt erfahren will, muss auf der grünen Leiste navigieren und stößt auf verschiedene Themen zur Ortspolitik: Hier finden sich Anträge der CSU-Stadtratsfraktion ebenso wie Stellungnahmen zu aktuellen Themen oder Links zu ausgewählten Beiträgen der Tagespresse, die erahnen lassen, dass Starnberg vor gewaltigen Herausforderungen steht: Verkehr, Schulbus, Straßenausbaubeitragssatzung oder Seeanbindung. Das Ganze wird unaufgeregt, aber auch etwas fad präsentiert: Es dominieren Textbeiträge; Bilder, Filme oder Ton sind Mangelware. Ebenso fehlt der Homepage eine Dialogfunktion sowie eine Anbindung an Facebook, wo der Ortsverband ebenfalls vertreten ist. Unklar bleibt der Sinn des Buttons "Metanavigation".

www.csu.de/verbaende/ov/starnberg

WPS

Zweitstärkste konservative Gruppierung jenseits der etablierten Parteien ist die "Wählergemeinschaft pro Starnberg", die sich mit den Themen B2-Tunnel/Umfahrung und Seeanbindung 18,5 Prozent der Wählerstimmen sicherte. Erstaunlicherweise findet sich dazu im Online-Auftritt der WPS nichts Aktuelles, obwohl es viele Starnberger brennend interessieren dürfte, wo denn nun eine Nordost-Umfahrung entstehen oder wie die Seeanbindung konkret aussehen soll. Stattdessen folgt die WPS dem schlichten Motto "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte". Neben der Selbstdarstellung von Vorstand und Fraktion werden "Momentaufnahmen" von Baustellen gezeigt, die jedoch - ebenso wie die bislang wenigen WPS-Anträge des Jahres 2015 im Stadtrat - allesamt unkommentiert bleiben. Die Rubrik "Die WPS informiert" - eine Art Newsletter - beschränkt sich im Telegramm-Stil auf ausgewählte Ereignisse und Entscheidungen des Stadtrats. Die Buttons "Literatur" und "Bürgerinitiative" sind aus unerfindlichen Gründen passwortgeschützt, auf Facebook hat sich seit Mai gar nichts mehr getan.

www.wps-starnberg.de

Grüne

Ähnlich wie die CSU ist der Online-Auftritt der Starnberger Grünen, die bei den Stadtratswahlen 11,2 Prozent der Stimmen erzielten, ins starre digitale Korsett des Landesverbands eingeschnürt. Doch allzu erhellend ist die Präsenz der Grünen im Internet nicht: Eine dünne Terminvorschau sowie die Nennung von Vorstand und Fraktion sind noch die Highlights dieser arg vernachlässigt wirkenden Selbstdarstellung. Die "Grünen Blätter" - zuletzt veröffentlicht 2012 - dürften bereits ebenso welk sein wie die Programme aus 2014 und 2015 nebst Wahlkampfmaterialien. Attraktiv ist anders - vor allem im Vergleich zur Homepage des Kreisverbands. Etwas besser sieht es zwar auf Facebook aus, wo viele Kurzfilme verlinkt sind, doch mit Kommunalpolitik hat auch das kaum was zu tun.

www.gruene-starnberg-ov.de

UWG

Zu den großen Wahlverlierern zählte im Frühjahr die "Unabhängige Wähler Gemeinschaft" mit nur noch 10,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Starnberger Gruppierungen aber wirkt die UWG-Homepage frisch und aufgeräumt: Neben wichtigen Starnberger Themen und Grundsatzpositionen der Unabhängigen findet sich - kurz und bündig - die Rubrik "Aktuelles und Termine" sowie zahlreiche Dokumente zur Kommunalpolitik zum Download. Freilich profitiert die UWG dabei vom Engagement Thorsten Schülers, der neben seinem eigenen Internet-Blog auch die UWG-Homepage sowie die Präsenz bei Facebook gestaltet. Ein Gimmick ist der "UWG Ticker", der mit klugen Sprüchen und anderen Weisheiten zum Nachdenken anregen soll.

www.uwg-starnberg.de

BLS

Längst nicht mehr auf der Höhe des Zeitgeschehens und etwas rudimentär präsentiert sich der Online-Auftritt der Bürgerliste Starnberg, die lediglich 7,1 Prozent der Stimmen eroberte. Die simpel gestrickte Homepage beschränkt sich auf die wesentlichen kommunalpolitischen Ziele der BLS, der letzte eingestellte Beitrag einer Tageszeitung ("Jann holt die Perle aus dem Schrank") datiert vom 31. Juli. Aktuelle Stellungnahmen oder kritische Kommentierungen zu den jüngsten politischen Ereignissen in Starnberg sucht man allerdings ebenso vergebens wie eine Kommentierfunktion oder eine Präsenz in sozialen Netzwerken. Hilfreich ist der Terminkalender zu Stadtrats- und Ausschusssitzungen, der für das neue Jahr 2016 dringend einer Aktualisierung bedarf.

www.buergerliste-sta.de

FDP

Die Starnberger Liberalen, vor langer Zeit ein Schwergewicht im politischen Alltag der Kreisstadt, sind in der Wählergunst auf nur noch 6,2 Prozent abgerutscht. Auf den ersten Blick verheißt der aufgeräumt wirkende Online-Auftritt - realisiert mit dem "FDP-Homepage-Baukasten" - reichlich Lesestoff, was sich beim Durchklicken durch die Rubriken jedoch relativiert. Denn die Macher des digitalen Auftritts haben gemäß der analogen Bedeutung der FDP ein bisschen getrickst: So finden sich unter "Aktuelles" teils die gleichen Beiträge wie unter "Stadtratsarbeit", "Programm" oder "Presse". Die Terminvorschau berücksichtigt ausschließlich FDP-Veranstaltungen. Immerhin beziehen die Liberalen zu ausgewählten aktuellen Themen Stellung. Insbesondere bei der Frage zur Seeanbindung bleibt es aber widersprüchlich: Einerseits möchte die FDP die Bahn seit jeher unter der Erde verschwinden lassen, andererseits hält sie den Zeitpunkt dafür noch nicht für gekommen und vertritt somit die Linie der tonangebenden WPS, die den Bahnvertrag auslaufen lassen will. Bis dahin aber soll alles bleiben, wie es ist - solange es noch ein bisschen schöner wird an der Seepromenade. Facebook existiert für die FDP nicht.

www.fdp-starnberg.de

SPD

Der 1892 gegründete Ortsverband der Sozialdemokraten ist zwar die älteste politische Gruppierung in Starnberg, verfügt aber über den elegantesten und modernsten Online-Auftritt von allen acht im Stadtrat vertretenen Gruppierungen, der regelmäßig gepflegt wird. Mit nur 5,2 Prozent der Wählerstimmen hat die SPD dennoch an Bedeutung verloren - und das trotz ansprechender Homepage, die zudem mit einem Feature aufwartet, das sonst keine Gruppierung vorweisen kann: Eine Anbindung an Facebook, Twitter, Google+, Pinterest oder tumblr, die - ebenso wie auf der Homepage selbst per E-Mail - ein unmittelbares Feedback der Leserschaft zulässt. Weniger einleuchtend erscheint dagegen, dass sich unter den Buttons "Start" und "News" nahezu die gleichen Themen mit identischen Texten verbergen. Die aber weisen immerhin konkreten Bezug zu den meisten relevanten politischen Starnberger Themen auf.

spd-starnberg.de

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