Stadtrat Jürgen Busse:Der Versöhnliche

Lesezeit: 2 min

Nach 26 Jahren im Stadtrat legt Jürgen Busse überraschend sein Mandat nieder - er gilt als ausgleichend, doch die "unerträgliche Streitkultur" nervt ihn

Von Sabine Bader, Starnberg

Ein Satz, den politisch interessierte Starnberger in Stadtratssitzungen von Jürgen Busse (UWG) kennen, ist sinngemäß der: "Meine Damen und Herren, da bin ich jetzt nicht glücklich, mit dieser Entscheidung habe ich Bauchschmerzen." Ja, Busse ist tendenziell um Ausgleich bemüht, tritt Leuten nur höchst ungern auf die Füße. Das ist eine gute Eigenschaft. 26 Jahre lang gehörte er zu den politischen Protagonisten in Starnberg, doch jetzt gibt er sein Mandat überraschend ab.

Seit Gründung seiner Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) führte er die Gruppierung im Stadtrat an, gab politisch den Takt vor. Anfangs war die UWG eigentlich ein Unterstützungsverein für den damaligen Bürgermeister Heribert Thallmair (CSU). Doch dann mauserte sich die Gruppierung, gewann eigenes Profil. Auch das ist ein Verdienst von Jürgen Busse.

Dass Busse den Stadtrat jetzt mitten in der Wahlperiode verlässt, hat mehrere Gründe. Frustriert will der 67-Jährige dabei nicht wirken. "Ich gehe nicht im Groll", sagt er geschwind. Und doch hat sein Rückzug viel mit der politischen Landschaft in der Kreisstadt und mit dem Umgang der Stadträte untereinander zu tun. "Die Streitkultur ist für mich unerträglich", sagt er.

Busse ist ausgewiesener Spezialist in Sachen Baurecht. Zahlreiche Bücher hat er darüber geschrieben, darunter auch einige, die längst Standardwerke für Kommunen geworden sind. 25 Jahre lang arbeitete er für den Bayerischen Gemeindetag, lange als dessen geschäftsführendes Präsidialmitglied. 2015 ging er in Ruhestand, seitdem ist er in der Münchner Anwaltskanzlei "Döring, Spieß" beschäftigt.

Fragen des Baurechts haben übrigens schon zu Beginn seiner juristischen Karriere eine entscheidende Rolle gespielt. War doch sein erster Arbeitsplatz der des Baujuristen am Landratsamt Starnberg. Ein heikler Job. Schließlich gilt der Landkreis Starnberg in Baurechtsfragen als besonders schwieriges Pflaster - kein Wunder, denn Grundstücke und Häuser im Fünfseenland sind außerordentlich teuer. Dementsprechend groß sind auch die Begehrlichkeiten der teils sehr vermögenden Bauherrn. Die schicken dann nicht selten ihre Anwälte im Rathaus vorbei, um ihre Bauanträge einzureichen in der Hoffnung, dass dies besonderen Eindruck macht. Da heißt es schlagkräftige Argumente parat haben. Noch heute konsultieren Rathauschefs landauf, landab den Fachmann Busse. "Ich bin als Anwalt in ganz Bayern tätig", erzählt er, "meine Ratschläge werden gern angenommen." Nur in seiner Heimatstadt Starnberg sei dies anders, sagt er resigniert.

Der gewichtigste Grund für seinen Rückzug liegt aber in der Sachpolitik. Denn die von ihm Jahrzehnte lang propagierten politischen Ziele "Seeanbindung" und B2-Tunnel hatten zuletzt keine Mehrheiten mehr im Stadtrat. "Und das dürfte auch in den nächsten Jahren so bleiben", glaubt er. Die Tatsache, dass man Geld aus dem Bundeshaushalt für den Tunnelbau praktisch abgelehnt habe und das Projekt damit aus dem "vordringlichen Bedarf" im Bundesverkehrswegeplan gefallen sei, "hat mir den Entschluss leichter gemacht.". Busses Nachfolger im Stadtrat heißt übrigens Otto Gaßner - und der liebt bekanntlich Auseinandersetzungen.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: