Starnberg:"Damit haben wir nicht gerechnet"

FDP-Politiker zeigen sich am Wahlabend fassungslos - und machen sich dann gegenseitig Mut

Otto Fritscher

Der Anruf aus Berlin kommt gegen halb Neun. "Das ist der bitterste Abend, den ich in meiner politischen Laufbahn erlebe, sagt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur SZ. Sie verbringt den Wahlabend in der Hauptstadt, nicht in Starnberg oder im heimischen Feldafing. "Da tröstet es mich auch nur wenig, dass wir Liberale im Landkreis Starnberg deutlich über dem Durchschnitt liegen." Sie habe "einfach nicht damit gerechnet, dass wir so deutlich aus dem Bundestag rausfallen", sagt Leutheusser-Schnarrenberger. "Deshalb haben wir auch keinen Plan B in der Tasche", erklärt sie, die Spitzenkandidatin der Liberalen im Stimmkreis. Darum werde man sich in den nächsten Tagen über die Neuaufstellung der FDP unterhalten.

FDP-Prominenz im Festzelt

Ein Bild aus besseren Tagen: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Ende August im Tutzinger Festzelt. Foto: Franz Xaver Fuchs

(Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)

Im Bund, aber auch in Bayern werde es vermutlich "einen vorgezogenen Parteitag mit Neuwahlen geben", sagt Leutheusser- Schnarrenberger. Und sie deutet einen möglichen Rückzug aus der Politik an. Auf die Frage, ob sie wieder als Landesvorsitzende kandidieren wird, sagt sie: "Ich denke, wir müssen dann erst sehen, wer in vier, fünf Jahren Spitzenkandidaturen übernehmen kann. Ich will keine voreiligen Nachrichten produzieren." Der bei der Landtagswahl in Bayern vor einer Woche gescheiterte Spitzenkandidat der FDP, Wirtschaftsminister Martin Zeil aus Gauting, fordert derweil, die Liberalen müssten jetzt sowohl im Land als auch im Bund zusammenhalten.

Gedrückte Stimmung herrscht auch bei den FDP-Vertretern im Starnberger Landratsamt, wo man den Wahlabend verfolgt. Sie sieht bedrückt aus und - man kann es im schummrigen Licht im großen Sitzungssaal des Landratsamtes nicht so genau erkennen - vielleicht läuft sogar eine Träne über die Wange von Sigrid Friedl-Lausenmeyer, FDP-Chefin im Landkreis Starnberg. Auch Cedric Muth von den Jungen Liberalen wirkt nicht gerade glücklich, als im Landratsamt auf den Großleinwänden immer wieder gezeigt wird, dass die FDP aus dem Bundestag fliegt.

Beide FDP-Politiker, normalerweise als wortgewandt bekannt, ringen erst mal angesichts des Vier-Prozent-Ergebnisses ihrer Partei nach Worten. Die FDP in einer Art Schockstarre, und das noch völlig unerwartet. "Nein, ich hatte am Sonntagmorgen kein schlechtes Bauchgefühl. Wir wussten ja, dass es vermutlich weniger Prozente werden würden, aber dass es gar nicht für den Einzug in den Bundestag reicht, das habe ich mir nicht vorstellen können", sagt die FDP-Kreisvorsitzende.

Cedric Muth sucht derweil nach Gründen für die Pleite: "Wir haben uns in der Koalition mit der Union zu wenig durchgesetzt, zum Beispiel beim Thema Steuersenkung", sagt er. Er befürchtet aber nicht, dass "die FDP jetzt von Auflösungserscheinungen befallen wird". Auch für Friedl-Lausenmeyer ist die FDP kein Auslaufmodell. "Wir haben eine Geschichte mit Hochs und Tiefs aufzuweisen", sagt die Feldafingerin. Die FDP sei im Landkreis "gut aufgestellt" und werde die bevorstehenden Kommunalwahlen wieder mit frischem Schwung aufgehen. Denn: "Wir werden nicht abtauchen. Jetzt erst recht. Wenn wir es hier nicht schaffen, wo sonst", gibt sich Lausenmeyer zuversichtlich. Aber: "Jetzt sind wir alle erst mal traurig."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: