Filmfest Starnberg:Cineasten, Diven und Fitz-Fans

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Das Fünfseen-Filmfestival zieht vorwiegend ältere Besucher an, aber ein Schauspieler lockt auch die Jungen

Von Anna-Elena Knerich, Starnberg

Erstaunlich leer sind die Straßen und Plätze an diesem Samstagmittag, aber das könnte an der flirrenden Hitze liegen. Streift man durch Starnberg, fühlt man sich ein wenig wie in einer südländischen Stadt, in der gerade Siesta herrscht. Aushalten lässt es sich eigentlich nur am kühlen Wasser unten an der Seepromenade, mit einem Eis in einem schattigen Café. Oder im Kino.

Denn auch heuer zieht das Fünfseen- Filmfestival wieder Besucher in Scharen an. "Manche kommen extra aus Norddeutschland und nehmen sich dafür Urlaub, um in diesen zwei Wochen an die 50 Filme zu sehen", erzählt Friedrich Federsel, 24, der bereits zum vierten Mal beim Festival arbeitet - dieses Jahr am Info-Point. Es seien vorwiegend richtige Cineasten, sie suchten die Filme sorgfältig aus und wüssten das Programm zu schätzen, sagt er. Deshalb ist auch die 14-Uhr-Vorführung von "Code of Survival" im Breitwand- Kino ziemlich gut besucht. "Bei so einem Badewetter normalerweise undenkbar", meint Friedrichs Bruder Elias Federsel, 21. Er muss es wissen, denn er ist seit fünf Jahren Vorführer im Breitwand. Die meisten Festivalbesucher seien ältere Leute, was die beiden kinobegeisterten Brüder schade finden. Popcorn-Verkäufer Lenny Lassen, 22, stimmt ihnen zu, sieht aber auch das Positive daran: "Am besten verkauft sich bei den Rentnern der Weißwein - und wir kriegen viel mehr Trinkgeld als sonst."

In die Filmvorstellungen konnten die Jungs bisher noch gar nicht gehen, dazu haben sie zu viel zu tun. Am Sonntag ist aber Lennys erster freier Tag, er will sich die Kurzfilme anschauen, außerdem gibt ihnen ihr Chef Matthias Helwig Geheimtipps, welche Filme sie sehen müssen.

Die Arbeit macht den drei Freunden viel Spaß, weil sie immer interessante Menschen treffen - manchmal auch exotische Typen, zum Beispiel eine "divenhafte Frau mit riesigem Hut, extravagantem Kleid und hohen Hacken". Doch auch mit den Besuchern und den Regisseuren selbst kommen sie in Kontakt, sagt Friedrich: "Die meisten sind gar nicht abgehoben, sondern echt herzlich. Letztes Jahr habe ich mich mit Wim Wenders und seiner Frau am Biertisch total nett unterhalten. Und auch mit den Gästen sitzen wir oft noch bis nachts zusammen und reden über die Filme." Diese Nähe zu den Besuchern gefällt auch der Starnbergerin Brigitte Maus-Sinn, die auf dem Weg in die Schlossberghalle ist, um dort den Film "Die Geträumten" zu sehen. Das "junge Personal" sei immer so freundlich, berichtet sie begeistert. Die elegante Frau ist seit Jahren Festival-Stammgast, dieses Mal hat sie schon "Fritz Lang" und "Mapplethorpe" gesehen. Doch trotz des grandiosen Angebots, wie sie findet, gehe sie maximal in einen Film pro Tag: "Ich kann diese anspruchsvollen Filme doch nicht konsumieren! Für jeden brauche ich erst einmal Zeit, um ihn nachklingen zu lassen."

So sieht das auch Ursula Helwig-Metz, die Mutter des Festival-Organisators, die nach dem Film "Die Geträumten" sichtlich ergriffen ist: "Er hat mir richtig Kraft gegeben und mich zum Nachdenken angeregt." Der Film über die Dichter Ingeborg Bachmann und Paul Celan ist keine leichte Kost, doch ihrer Meinung nach "müssen wir denken und lernen, sonst können wir nicht leben." In diesem Punkt sind die beiden Charaktere des Films wirklich Vorbilder, findet Ursula Helwig-Metz. Dieser Film ist der erste, den sie dieses Jahr gesehen hat; sie war noch auf Reisen und suche sich ohnehin nur vereinzelte Filme mit anspruchsvoller Thematik aus.

Für andere Besucher zählt vor allem: Hauptsache, Florian David Fitz ist dabei! In den Liegestühlen vor der Schlossberghalle tummelt sich eine Horde Mädchen, sie alle warten nur auf Fitz, wie sie sagen. Sie sind zwischen 15 und 36 Jahre alt, kommen aus Köln, Passau und Berlin und haben sich über Facebook zusammengeschlossen, um zu Premieren und Preisverleihungen ihres Lieblingsschauspielers zu fahren. Entsprechend groß ist die Aufregung, als Fitz um 18 Uhr auftaucht. Immerhin kommen so auch jüngere Leute zum Festival - und vielleicht schauen sie sich ja doch noch den ein oder anderen Film an.

© SZ vom 01.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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