Starnberg:Centrum wird kein Bürgerhaus

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Die Ladenpassage gehört einem Investor aus China, die Tiefgarage einem professionellen Betreiber. Nun hat der Eigentümer auch die letzten Büroeinheiten verkauft. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Rathaus verpasst es, ein Kaufangebot abzugeben - zum Ärger einiger Stadträte

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Starnberger Stadtverwaltung hat die große Chance verpasst, ihre akute Raumnot im Rathaus durch Ankauf von Büroflächen im benachbarten "Centrum" zu mindern: Am Freitag wurde bekannt, dass Michael Krenn als Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft "Alte Post", der das Gebäude an der Hauptstraße gehört, die letzten verbliebenen Büroeinheiten veräußert. Die Empörung darüber ist groß: Eine Mehrheit im Stadtrat hatte Bürgermeisterin Eva John schon vor Wochen beauftragt, Krenn ein konkretes Kaufangebot für die Büroflächen zu unterbreiten. Doch das scheint es nicht gegeben zu haben: "Ich habe ein Angebot nie erhalten", beteuert Krenn.

Nachdem in den vergangenen Monaten schon die "Centrum"-Ladenpassage an einen Investor aus China und die Tiefgarage an einen professionellen Betreiber veräußert wurden, ist nunmehr lediglich das "Literatencafé" verfügbar. Krenn hatte die mit der Schlossberghalle baulich eng verwobene Immobilie der Stadt wiederholt angeboten. Noch im Januar 2014 bestand Hoffnung, die Raumnot der Rathaus-Mitarbeiter durch Anmietung von "Centrum"-Räumen zu mindern. Doch mit Amtsübernahme von Bürgermeisterin John im Jahr 2014 verschlechterte sich das Klima zwischen den bis dahin vertrauensvoll zusammenarbeitenden Vertragspartner zusehens.

Als "handfesten Skandal" bezeichnet Stadträtin Angelika Kammerl (Parteifreie) in einer Pressemitteilung das Verhalten der Bürgermeisterin. Bereits im Juni 2016 gab es vom Stadtrat den ersten Antrag zum Gebäudekomplex "Centrum", 2017 folgte mit Zwei-Drittel-Mehrheit der konkrete Auftrag an John, Teile des "Centrums" zu kaufen. Doch Ergebnisse gab es nicht. Stattdessen habe John "Beschlüsse des Stadtrats nicht umgesetzt, Termine nicht eingehalten, nicht reagiert oder den Eigentümer des ,Centrums' düpiert", schreibt Kammerl. Ihren Angaben zufolge wurden Passage, Tiefgarage und Büroflächen für rund sechs Millionen Euro von drei verschiedenen Käufern erworben. Der Wert des gesamten "Centrum"-Komplexes wird nach einer Sanierung auf zehn Millionen Euro taxiert. Vertan ist laut Kammerl "die einmalige Chance, "ein barrierefreies, stadtnahes Bürgerzentrum mit Einwohnermeldeamt, Ordnungsamt, VHS auf 2700 Quadratmeter Quadratmetern zu gestalten".

Krenn hatte der Stadt noch am 2. November - unter Fristsetzung bis 9. November - Literatencafé und Büroeinheiten angeboten; erst am Freitag erreichte ihn ein Schreiben von John, die allerdings nur am Literatencafé, das von der Stadt derzeit als Archiv genutzt wird, Interesse gezeigt haben soll. Die Stadträte argwöhnen, dass die Bürgermeisterin eigene Pläne für einen Millionen schweren Rathausanbau oder Neubau zu schmieden scheint.

Ungemach droht der Stadt jedoch auch durch Krenn: Eine bereits im Vorjahr erarbeitete, mehrere hundert Seiten starke Teilungserklärung, die dezidiert klärt, welche Bereiche des verschlungenen Gebäudekomplexes künftig wem gehören sollen, ist von der Stadt noch immer nicht unterschrieben. Krenn macht unmissverständlich deutlich: "Wenn ein Käufer deshalb abspringt, droht der Stadt eine Klage auf Schadenersatz."

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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