Starnberg:Berlin muss Tunnel zustimmen

Bei der Podiumsdiskussion in Starnberg reden nur Befürworter des 162 Millionen teuren Projekts

Peter Haacke

Seit nunmehr 25 Jahren beschäftigt das Thema die Starnberger, erbittert wird im Stadtrat, aber auch an Stammtischen darüber gestritten. Doch am Problem hat sich grundsätzlich nichts geändert: Rund 115 000 Fahrbewegungen - davon 46 000 allein auf der Münchner Straße - gibt es jeden Tag kreuz und quer in der Stadt. Etwa 20 Prozent der Fahrzeuge - also 23 000 - wollen die Kreisstadt lediglich passieren auf dem Weg Richtung München oder Weilheim. Entlastung vom Verkehr ist daher der drängendste Wunsch in der 22 500 Einwohner zählenden Stadt. Doch der Weg dahin ist umstritten. Gleichwohl ist für viele renommierte Verkehrsexperten ein Tunnel unter der Stadt die einzig machbare Lösung.

Tunnel B2 B2-Tunnel Starnberg Animationen Staatliches Bauamt Weilheim

So könnte er aussehen: Der Starnberger Tunnel in einer Animationen des Staatlichen Bauamts.

Visualisierung: Staatliches Bauamt Weilheim

Nach jahrelangem Stillstand scheint nun wieder Bewegung in die Angelegenheit zu kommen. "Wie geht's weiter mit dem B2-Tunnel?", lautete daher die zentrale Frage einer Podiumsdiskussion des Vereins "Umweltbewusste Verkehrsentlastung Starnberg", zu der sich rund 100 Interessierte in der Schlossberghalle eingefunden hatten. Ein Streitgespräch kam freilich nicht zustande: Klaus Bogenberger (Bundeswehr-Universität München), Günther Graffwallner (Staatliches Bauamt Weilheim), Ferdinand Pfaffinger (Bürgermeister Stadt Starnberg) und Jürgen Busse (Vorsitzender "Umweltbewusste Verkehrsentlastung") plädierten allesamt eindringlich für den Tunnel. Eine Umfahrung - da waren sich die Podiumsteilnehmer einig - habe keine Chance auf Verwirklichung.

Zwar steht der B2-Tunnel schon seit 1993 im "vordringlichen Bedarf" des Bundesverkehrswegeplans. Doch ein Baubeginn des genehmigten Projekts scheiterte stets an den Finanzen im Bund, wie Vereinsvorsitzender Jürgen Busse in seiner Einführung erklärte. Derzeit aber scheinen die Vorzeichen günstiger denn je auf eine Realisierung zu sein: In Bayerns Innenministerium wird der Tunnel ebenso befürwortet wie im Bundesverkehrsministerium. Einzig die Zustimmung der Bundesregierung, die sich derzeit im Entstehungsprozess befindet, steht noch aus. Ansonsten könnte es bereits im Frühjahr 2014 losgehen. "Wir warten auf 'Grünes Licht' aus Berlin", sagte Grafwallner, der seinem Ruhestand entgegen sieht. Er verdeutlichte vor allem Ablauf und technische Aspekte des 162 Millionen teuren Projekts, das - ebenso wie die Unterhaltskosten - größtenteils vom Bund finanziert wird. Mittels einer gigantischen Bohrmaschine könne der Tunnel überwiegend "bergmännisch" - also unterirdisch - entstehen. Verkehrsbehinderungen bis zu zwei Monaten ergäben sich vor allem im ersten Bauabschnitt durch Öffnung der Petersbrunner Straße und Bauarbeiten im Bereich der Münchner Straße sowie in der Schlussphase des Projekts. Graffwallner bezifferte die Gesamtbauzeit des Tunnels auf rund vier Jahre.

Bogenberger widmete sich den "Mobilitätschancen für Starnberg" - und den Folgen, falls der B2-Tunnel nicht gebaut werde: keine Herabstufung von Staatsstraßen - insbesondere der Söckinger und Hanfelder Straße -, keine Verkehrsberuhigung, keine Umgestaltung. "Starnberg müsste dann sehr, sehr lange mit steigendem Autoverkehr leben", sagte Bogenberger. Zur Verdeutlichung wählte er eine "Skilift-Analogie": Ein Ausstieg Starnbergs aus dem Projekt sei vergleichbar mit einem Skifahrer, der lange auf seine Liftfahrt gewartet habe und kurz vor dem Einstieg ausschert. Alle anderen dürften dann erstmal vorbei, Starnberg müsse sich wieder hinten anstellen. Gleichzeitig aber werde die Schlange immer länger, doch der Lift laufe zunehmend langsamer. Bürgermeister Pfaffinger setzte noch eins drauf: "Wir würden uns nicht nur hinten anstellen, sondern man würde uns die Liftkarte wegnehmen."

Unter charmanter Moderation von Martina Neubauer (Grüne) gab es aus dem Plenum Fragen zu Projektdetails: Kosten, Verkehrsbelastung während der Bauphase, Gestaltungsmerkmale, Parkplätze im Gewerbegebiet, Anzahl der Fahrspuren oder Probleme im Untergrund. Der Tenor der Veranstaltung aber blieb auch mit bangem Blick auf die Kommunalwahlen im März 2014 eindeutig: Ein Tunnel für Starnberg oder Stillstand für Jahre - das sind die einzigen Alternativen für die verkehrsgeplagte Kreisstadt. Jürgen Busse: "Wir sind zwar einen Riesenschritt vorangekommen, trotzdem müssen wir weiterkämpfen".

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