Starnberg:Asylhelfer sind frustriert

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Bürokratische Hürden zermürben die engagierten Bürger

Von Ute Pröttel, Starnberg

Iradj Teymurian spricht aus, wie sich viel Ehrenamtliche bei den Asylhelferkreisen fühlen: "Wir sind müde." Teymurian leitet den Helferkreis in Berg. Manfred Boll vom Helferkreis Asyl in Andechs beklagt: "Die Bürokratie mit der sich die ehrenamtlichen Helfer konfrontiert sehen ist ein Wahnsinn und ein Ende nicht in Sicht." Elli Unverdross, die in der Gemeinde Wörthsee als Koordinatorin angestellt ist, kündigt ihren Vertrag zum Ende des Jahres, weil sie "die Nase voll habe von der Willkür der unmenschlichen bayerischen Behörden" und keinerlei Unterstützung durch einen Helferkreis erfährt. Eva Ott vom Helferkreis in Gilching kämpft für einen beleuchteten Weihnachtsbaum und ein bisschen Privatsphäre in der Gemeinschaftsunterkunft. Was sie antreibt? - "Wut", sagt die 69-Jährige. Was sie ärgert? - "Der Sozialneid der Deutschen." Sie kennen das System und die Sprache. Könnten sich Hilfe holen. Die Flüchtlinge aber kommen vertrauensvoll nach Deutschland und stehen vor gigantischen bürokratischen Hürden. "Ohne die Hilfe der Helferkreise würde jeder einzelne scheitern", ist Ott überzeugt.

Zum 1. Dezember 2017 leben im Landkreis Starnberg 1681 Flüchtlinge. Zwar nimmt der Strom der Asylsuchenden stetig ab, doch auch die Zahl der aktiven Helfer ist stark rückläufig. Zu Infoabenden der Helferkreise kommen nur sehr Wenige. Zudem haben sich die Aufgaben der Helfer seit dem Ausbruch der Flüchtlingskrise stark verändert. Geht es anfangs darum, eine Orientierung im Alltag zu geben, - wo kaufe ich ein, wie funktionieren Schule und Kindergarten - müssen Helferkreise und Paten heute oft komplizierte Bescheide erklären. Sie sind es auch, die Enttäuschung und Verzweiflung auffangen müssen. Regelungen, wie das Verbot von Kleinstmöbeln, elektrischen Küchengeräten oder Teppichen und Vorhängen in den Unterkünften oder den Entzug der Arbeitsgenehmigung in schwebenden Verfahren empfinden auch sie häufig als Schikane.

Im Laufe des Jahres gibt das Landratsamt die Zuständigkeit für die Gemeinschaftsunterkünfte an die Regierung von Oberbayern ab. Die wiederum ein Unternehmen aus Essen, European Homecare, mit der Verwaltung betraut. Im Oktober formiert sich eine Koordinatorenkonferenz, um die Kommunikation mit den Behörden, insbesondere dem Landratsamt und der Regierung von Oberbayern zu intensivieren. Ende November findet ein erstes Treffen mit Landrat Roth und den Verantwortlichen der Ausländerbehörde sowie der Regierung von Oberbayern statt. "Es ging primär darum, den Behörden zu signalisieren: Wir sind nicht euer Feind. Aber wir wollen auch nicht die blöden Kümmerer sein, sondern ernst genommen werden", berichtet Ott. Besprochen wird vor allem das leidige Thema der Arbeits- und Ausbildungsgenehmigungen. "Fakt ist", so Ott, "der Spalt in der Türe wird immer kleiner."

Kopfzerbrechen bereitet den Helfern auch, dass die Politik individuelle Unterkünfte aufzulösen und Asylsuchende nur noch zentral unterzubringen will. "Das bedeutet, dass die Menschen erneut entwurzelt werden", glauben sie.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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